Tarent – eine Stadt mit zwei Gesichtern

Tarent – eine Stadt mit zwei Gesichtern

Im Rahmen unseres Apulien – Roadtrips machten wir auch in Tarent – im italienischen Taranto genannt – halt. Ich verwende hier bewusst den deutschen Namen der Stadt, weil ich auch nicht Napoli oder Venezia schreiben würde. Die Stadt ist bei uns aber so unbekannt, dass man genauso gut Taranto sagen könnte und keinen würde es stören 😉 .

Jedenfalls liegt Tarent am oberen Ende des gleichnamigen Golfes im ionischen Meer und somit im Westen Apuliens, ziemlich am nördlichsten Punkt der ionischen Küste. Wie schon gesagt, sie gehört sicher nicht zu den bekanntesten Städten Italiens. Wenn man sie kennt, dann oft nur mit dem Beinamen „dreckigste Stadt Italiens“.

Warum Tarent?

Wir haben uns dennoch dazu entschieden, drei Tage im Vorort San Vito zu bleiben. Warum? Weil wir neugierig waren. Zum einen kennt in unseren Breiten kaum jemand die Stadt. Zum anderen fahren tausende ItalienerInnen jedes Jahr auf Urlaub hin, obwohl so viel über Tarent geschimpft wird. Außerdem hörten sich die Ausführungen zu den archäologischen Ausgrabungen im Reiseführer interessant an.

Was wir in Tarent an Eindrücken und Gedanken gewonnen haben, lässt sich mit einem Wort sehr gut beschreiben: Zwiespältigkeit. Denn zum einen waren wir schockiert über die wirklich dreckigen Zustände dort, zum anderen aber haben wir großartige Sehenswürdigkeiten und Naturgegebenheiten vorgefunden. Noch nie habe ich eine Stadt gesehen, die zwei so unterschiedliche Gesichter verfügt. Über diese Dinge und unsere Erkenntnisse möchte ich dir in diesem Artikel berichten.

Statue in Tarent
Als würden die zwei Figuren die zwei Gesichter Tarents symbolisieren

Warum ist Tarent so dreckig?

Problem 1: Der Müll

Der viele Müll, der an den Straßenrändern herumliegt, ist sehr auffallend. Dies ist zwar leider nicht nur dort so, sondern ein generelles Problem in Apulien. Doch die Menge, die hier liegt, ist uns ganz besonders negativ ins Auge gestochen. Ich habe mich dessen einmal angenommen und nachgeschaut: es liegt wirklich Müll von mehreren Jahren an den Straßenrändern. Da wurde also schon lange Zeit nichts weggeräumt und gesäubert. So etwas kann ich als penibel mülltrennender Mensch, der aus einem Land kommt, in dem korrekte Müllentsorgung groß geschrieben wird, einfach nicht nachvollziehen.

Problem 2: Die (maroden) Industriewerke

Ein weiterer Grund ist ebenso offensichtlich wie hässlich: die riesigen Industriewerke am nördlichen Stadtrand, die von Süden her das gesamte Stadtbild prägen. Natürlich ist Tarent eine wirtschaftlich wichtige Hafenstadt und in solchen findet man immer unschöne Bauwerke wie Raffinerien oder andere Produktionsbetriebe. So aufdringlich und auch heruntergekommen habe ich allerdings noch kein Industriegebiet gesehen.

Das mag vor allem aber auch daran liegen, dass hier das riesige Stahlwerk der ILVA, welches es bereits häufig unrühmlich in die Medien schaffte, schon viele Jahre unrenoviert vor sich hin vegetiert. Für den ganzen Raum Tarent, besonders aber für die Anrainer, stellt es eine enorm hohe Gesundheitsbelastung dar. Man zog bereits vor den europäischen Gerichtshof, weil das Werk für die vielen Krebs- und Herz-Kreislauferkrankungen in der Stadt verantwortlich sein soll.

Auf der anderen Seite steht das Bemühen, die Arbeitsplätze, von denen es in Apulien nicht sehr viele gibt, zu sicher. Nachdem das Werk im Mai 2017 zwangsweise verkauft wurde, besteht ein wenig Hoffnung, dass sich in Sachen Umweltschutz hier etwas tut, um dem roten Staub Einhalt zu gebieten und die Gesundheit der BewohnerInnen zu sichern.

Industriegebiet von Tarent
Wunderschön, oder? *Achtung Sarkasmus* Dabei ist da das hässliche Stahlwerk noch gar nicht drauf.

Problem 3: Die verfallende Altstadt

Der dritte Grund, weshalb Tarent so schmutzig ist, ist das offenbar fehlende Geld oder die Mühe, die Altstadt zu sanieren. Gerade, weil die Stadt mit der Industrie und den Muschelzuchtbetrieben im Binnenmeer wirtschaftliches Potential hat, mutet es verwunderlich an, dass offensichtlich keine Mittel da sind, um sich der baufälligen Häuser anzunehmen.

Vielleicht fehlt es aber auch am Willen, denn wenn man sich die Ruinen im Zentrum so ansieht, besteht wenig Hoffnung auf die Möglichkeit einer Restauration. Eingestürzte Dächer, eingefallene Mauern, Feuchtigkeit an allen Ecken und Enden, riesige Ziegelhaufen im Inneren der Mauern und bröckelnde Fassaden – so es überhaupt noch welche gibt – prägen das Stadtbild. Wir hatten kurz wirklich das Gefühl, im ärgsten Slum gelandet zu sein. Da hilft leider die eine Straße, an der sich um Schönheit bemüht wird (es ist jene zur Kathedrale) auch nicht, um das Bild zu retten.

Heruntergekommene Häuser in der Altstadt von Tarent
So sieht die Altstadt an vielen Stellen aus – sofern die Häuser noch stehen. Erschreckend ist, dass hier noch Menschen drinnen wohnen dürfen.

Buchtipp

Kennst du schon mein Buch „Arkadien und Cornetti“? Darin erzähle ich über meine zweimonatige Italienreise auf Goethes Spuren – sizilianische Gastfreundschaft, richtig leckeres Gelato und Selbstzweifel inklusive!

Alle Infos zum Buch "Arkadien und Cornetti - eine Italienreise auf Goethes Spuren"

Was sind dann die schönen Seiten von Tarent?

Die oben genannten Schattenseiten der Stadt wiegen natürlich sehr schwer. Vor allem länger hier zu leben grenzt an lebensmüden Wahnsinn. Dennoch sind uns einige Punkte besonders positiv aufgefallen, welche einen Besuch der Hafenstadt für ein paar Tage trotz allen Umständen lohnen.

Pluspunkt 1: Castello Aragonese

Es ist vermutlich DAS Wahrzeichen von Tarent – das Castello Aragonese. Die imposante Festung steht direkt neben der Ponte Girevole, der alten Drehbrücke, die in ihrer Art einzigartig ist, und ist bei Ankunft nicht zu übersehen.

Das Gebäude blickt auf eine lange Geschichte, denn die ersten Mauern lassen sich in etwa auf das Jahr 1000 zurückführen und sind heute in Ausgrabungen im Inneren des Castellos zu bestaunen. Der Großteil der Mauern wurde jedoch am Ende des 15. Jahrhunderts errichtet und diente lange Zeit als Gefängnis, bis es 1887 von der italienischen Marine übernommen wurde.

Diese hat sich seither vorbildlich um das alte Gemäuer gekümmert: es wurde restauriert, in Stand gehalten und archäologischen Zwecken zur Verfügung gestellt. In einer kostenlosen Führung, die von Marineoffizieren selbst durchgeführt wird, darf man beinahe das gesamte Areal sehen und irrt durch dunkle Gänge und viele Stiegen von einem Turm zum anderen. Dazu gibt es viele Informationen zum Castello und der Brücke. Man kann also festhalten, dass die Marine bei dem Bauwerk ihren Job wirklich gut gemacht hat und wenigstens dieses alte Schmuckstück vor dem Verfall retten konnte.

Palmen vor der Festung in Tarent
Das Castello Aragonese wurde mit viel Liebe restauriert und gepflegt

 

Ausgrabungen im Castello Aragonese
In den neueren Mauern wurden alte, byzantinische Festungsmauern entdeckt

Pluspunkt 2: Das archäologische Museum

In der Neustadt von Tarent, welche östlich der Altstadt liegt und durch Flaniermeilen besticht, befindet sich  das Museo Nazionale Archeologico. Es ist neben jenem im Neapel das größte und bedeutendste Archäologiemuseum Italiens. Auf mehreren Stockwerken wird einem, chronologisch geordnet, die jahrtausendealte Geschichte der Region mittels unzähliger Exponate näher gebracht.

Man darf Keramiken, Schmuck, antikes Spielzeug und sogar einen Sarkophag bestaunen und sich dabei mithilfe vieler Erklärungen auf eine Zeitreise begeben. Ich bin ja sehr gerne und sehr viel in archäologischen Museen unterwegs  und kann daher wohl Vergleiche ziehen. Ich muss wirklich sagen, dass dieses Museum nicht nur sehr spannend und interessant, sondern auch schön und gut aufbereitet ist und das beste Archäologiemuseum, in dem ich jemals war.

Raum im Archäologiemuseum in Tarent
Das Museum ist modern gestaltet und bietet genug Platz auch für viele Besucher

 

Skelett in Sarkophag im Museo Nazionale Archeologico in Tarent
Ich hab wirklich lange gebraucht, bis ich den Inhalt des Sarkophages entdeckt hab! Siehst du ihn?

Pluspunkt 3: Der Fischreichtum

Es mutet fast wie ein Paradoxon an, wenn man in einer so vermüllten und luftverschmutzten Stadt eine so spannende Unterwasserwelt vorfindet wie hier. In meinem Beitrag „1000 Fische“ könnt ihr von unserem Schnorchelabenteuer an der Küste von San Vito lesen und euch im Video selbst vom regen Treiben unter Wasser überzeugen.

Noch nie zuvor war ich so überwältigt von den vielen Fischen und anderen Tieren wie hier. Schon seit der Antike ist dieser Meeresteil für seinen Artenreichtum und die großen Fischmengen bekannt, was vermutlich sowohl an der geschützten Lage des Golfs, als auch am kristallklaren Wasser mit hoher Qualität liegen mag. Viele ehemalige Marinestege, die im zweiten Weltkrieg bombardiert wurden, liegen an der Küste nun als Betonbrocken im Wasser und bieten kleinen Fischen und Krebsen viele Verstecke – so kann man auch ganz nah am Ufer viel erkunden.

Wer sich zu den Tauchern zählt, findet hier auch eine interessante Entdeckung vor: den Cristo del Mare ganz in der Nähe des Capo San Vito. Das Meer bietet Schnorchlern und Tauchern wie auch leidenschaftlichen Krebsbeobachtern also eine große Spielwiese und viele wunderbare Gelegenheiten, sich mit der Fauna hier auseinanderzusetzen.

Schnorcheln in Tarent geht wunderbar
Glasklares Wasser und Fische – das erlebt man auf San Vito

 

Sonnenuntergang im ionischen Meer bei Tarent
Durch den Blick nach Westen kann man hier wunderschöne Sonnenuntergänge beobachten!

Tarent – Italien ganz widersprüchlich

Tarent ist dreckig, Tarent ist schön. So widersprüchlich und zwiespältig fällt meine Meinung zu der Stadt am ionischen Meer aus. Mit der Schönheit von Lecce kann sie auf keinen Fall mithalten, aber wir haben auch nirgends in Apulien ein so tolles Castello gesehen (nein, das Castel del Monte hat mich bei weitem nicht so vom Hocker gerissen). Wir haben uns in einer italienischen Altstadt noch nie so befremdlich gefühlt, aber sind auch noch nirgends so herzlich bewirtet worden wie in unserer Unterkunft etwas außerhalb der Stadt. Es gab noch keinen Ort, an dem wir mit so viel Hässlichkeit und gleichzeitig mit so viel Schönheit konfrontiert waren.

Nur wenige Städte haben mich bisher so beschäftigt wie Tarent. Vielleicht zeigt sie mit ihren zwei Seiten einfach auch die menschliche Dualität auf und erinnert an die Gegensätze in uns selbst. Gut-Böse, Egoistisch-Selbstlos und Abhängigkeit-Selbstständigkeit sind doch auch Widersprüchlichkeiten, die bei uns Menschen zu zwiegespaltenen Haltungen führen. Dennoch gibt es diese Vereinbarkeit, und Tarent erinnert mich schlicht daran, dass nicht immer alles eindeutig zu bewerten ist, da es einfach zu viele unterschiedliche Facetten aufweist.

Allee am Lungomare in Tarent
Am Lungomare in der Neustadt lässt es sich eigentlich ganz hübsch spazieren.

Psychologische Effekte der Reise nach Tarent

Dabei konnte ich mich verlieren: Die Art, wie in Tarent mit der Umwelt und der Gesundheit der Menschen umgegangen wird, macht mich unglaublich wütend und traurig zugleich. Ich kann es einfach nicht fassen, dass es solche Zustände, gar nicht weit weg von daheim, geben darf und Veränderungen nur sehr schleppend vorangehen.

Da hab ich mich selbst gefunden: Als ich mit dem Gedanken Frieden schloss, dass Tarent für mich weder schön noch hässlich, sondern einfach beides ist. Auch das darf sein.

Besonders intensiver Eindruck: Der intensivste schöne Eindruck waren die vielen Fische beim Schnorcheln, der intensivste negative die schrecklich verfallenden Ruinen in der Altstadt.

Lernerfahrung für mich: Trotz vieler Hässlichkeiten sind immer auch wunderbare Schönheiten vorhanden, die es lohnt, zu erfahren. Manchmal hat eine Stadt eben zwei Gesichter (oder auch mehr).

Drei wesentliche Gefühle dieser Reise: Aufmerksamkeit, Wut, Offenheit


Weiterlesen
Dass Tarent eine noch eher unbereiste Stadt in Italien ist, bemerkt man vor allem daran, dass es kaum Reiseberichte darüber gibt. Einzig einen Artikel von meiner Bloggerkollegin Lena von Family4travel hab ich gefunden, ihre Erfahrungen mit Tarent kannst du hier nachlesen. Interessant, dass sie Tarent bzw. Taranto ganz ähnlich sieht wie ich. Inklusive der Entscheidung, ob man jetzt Tarent oder Taranto sagt – eine ziemlich verwirrende Situation 😉

Edit: Mittlerweile hat auf Julia von Italien&Ich interessante Beiträge über Tarent geschrieben. Hier findest du viele allgemeine und nützliche Informationen über die Stadt.


Nützliche Links für Taranto

Nette Info am Rande: ab Juni 2018 fliegt auch Wizz-Air für sehr wenig Geld ab Wien nach Bari. Von dort ist es nicht weit nach Taranto 🙂 . Man kann aber auch wunderbar mit dem Zug anreisen!

Hier findest du Angebote zu Unterkünften. Wir waren übrigens im wirklich sehr netten und familiären B&B Albergo Lamanna*, das wir guten Gewissens weiterempfehlen.

*Affiliate Link. Hier verweise ich auf Flüge, Hotels, Dienstleistungen oder Produkte, von denen ich überzeugt bin, die mir selbst hilfreich sind und waren. Warum? Zum einen gebe ich meine positiven Erfahrungen gerne weiter, zum anderen bessert es mein Reisebudget ein wenig auf, wenn ihr über meinen Blog etwas kauft. Es kostet euch nicht mehr, aber ich erhalte eine kleine Provision.



Gedanken zu Taranto / Tarent in Apulien, einer Stadt mit zwei Gesichtern. Über die Schönheiten und Zwiespältigkeiten der Stadt in Süditalien. #Tarent #Taranto #apulien #italien #sommer #sommerurlaub #süditalien #geheimtipp #reisebericht #reisen #reiseblog #städtetrip
Über einen zwiespältigen Besuch in Tarent

Teile diesen Beitrag


20 thoughts on “Tarent – eine Stadt mit zwei Gesichtern”

  • Ja, das ist wirklich eine Stadt, die einem auf so vielen Ebenen im Zwiespalt lässt. Ich bin auch froh, dass wir da waren – und jetzt ein bisschen muksch, weil wir dieses tolle archäologische Museum verpasst haben. So ein Mist, das hätte ich auch gerne gesehen! Leider hätte unsere Zeit dafür nicht gereicht. Insofern gut, dass wir gar nichts davon wussten. 🙂

    • Absolut! Ja, ich auch – immerhin sind genau solche Städte und Situationen jene, die sehr intensiv in Erinnerung bleiben.
      Ach, ja oft ist es wirklich besser, wenn man nicht weiß, was man versäumt 😉

  • Das ist definitiv eine Stadt mit zwei Gesichtern! Das Bild von der Altstadt sieht wirklich schlimm aus, auch das Müllproblem, dass du ansprichst, einfach grauenvoll. Andererseits denke ich mir dann oft, wie gut geht es uns in Österreich! Schön, dass Du trotzdem nicht aufgegeben hast und uns beeindruckende Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigst.

    • Ja, es war echt erschreckend! Ich denk mir da auch oft, wie sauber und sicher (also auch bautechnisch) wir es hier in Österreich haben kann man gar nicht genug wertschätzen!
      Danke dir! Das liegt wohl auch an meinem Beruf, sehr ressourcenorientiert zu sein und auch dem Guten Platz zu geben 🙂

  • Sehr interessanter Post! Wenn ich ehrlich bin kannte ich die Stadt gar nicht. Super, dass du nicht nur über die schönen Sachen berichtest, sondern auch die negativen Punkte aufführst. Danke fürs Teilen! 🙂

    • Danke Maike!
      Ich denke, ich muss ja nichts verkaufen und habe die Freiheit, auch das Negative zu erwähnen 😉 Immerhin wissen wir ja, dass das zum Reisen genauso dazu gehört!
      Ich hab Tarent übrigens vor unserem Roadtrip auch nicht gekannt 😉
      Lg

  • Da hast du mir ja schon viel vorweg genommen …. über was soll ich denn da noch schreiben? ??

    Der Zwispalt zieht sich bis zu Ilva fort, denn die sind gleichzeitig der größte Arbeitgeber dort. Es ist also nicht ganz so einfach, den Betrieb nur als Übeltäter zu verschreien. Allerdings hätten die schon früher in ein abgelegerenes Gebiet umziehen können/sollen, wollten aber nicht.

    Die Altstadt ist wirklich ein Trauerspiel……aber die Neustadt dafür umso schöner. und das Meer erst….?

    Ich muss aber sagen, diese strange Korrelation aus Dreck und Schönheit hatte ich bei meinem Besuch in Neapel auch gesehen…

    Mal sehen, was ich noch zu Taranto verfassen kann, das Du noch nicht erwähnt hast. Ich sehe es als unterschätzt an, sowohl von den Einwohnern als auch von den Touristen… Die Italiener kommen übrigens vor allem wegen den Stränden des Saltentos dorthin. 🙂

    LG aus Bitonto (BA, Puglia)

    • Ach Julia, wir müssten uns besser koordinieren 😉 Andererseits gibt’s über Rom ja auch tausende Artikel. Und du als “Einheimische“ hast da ganz sicher noch mehr dazu zu sagen als ich!

      Ja klar, das ist ja oft das Problem und genau deshalb hat Renzi das Werk ja nicht schließen lassen. Aber gut, die Verantwortlichen sitzen erstmal und man darf hoffen, dass die das mit den Umweltauflagen jetzt hinbekommen. Wäre ja fatal, wenn die Menschen dort aufgrund von Führungsfehlern ihre Arbeit verlieren.

      Kann ich gut verstehen, die Strände sind ja wirklich der Hammer! Viele gehören auch irgendwie zur Marine, deshalb ist da am “Marinestrand“ ganz schön was los!

      Stimmt, Neapel ist bezüglich Müll nicht viel besser. Hat mich damals auch schockiert. Viel Müll aus Neapel und Rom wird übrigens nach Österreich gebracht und verwertet, weil die Anlagen dazu in Italien einfach fehlen. Ich frage mich manchmal schon, warum sie das nicht hinbekommen. Aber da hab ich vielleicht zu wenig Einblick in die mafiösen Verstrickungen!

      Lg Barbara

  • Auf der Ebene des Gefühls eines Tagestouristen: vielleicht kann ich das nachvollziehen. Was ich echt vermisse: warum wurde die ILVA in Taranto angesiedelt, in einer Stadt, die keinerlei Bezug zum Metallgeschäft hat | wem gehört ILVA, welch ökologischer Unsinn im Sinn einer Planwirtschaft wird hier veranstaltet | wer leidet hier (siehe Hinweis Krebserkrankungen) | wie sieht das Leben derer aus, die schon früh am Morgen sich mehr als 100km dorthin aufmachen, um zu arbeiten | wie sieht das Leben von Luigi aus Maruggio aus, der in der Mitte seines Lebens die Stelle als Kranführer verlor | wie lebt jemand heute in der Altstadt, warum ist die Uni mitten im baulichen Chaos?
    Ich erwarte mir mehr von einem Tourismus-Blog.

    • Lieber Hans! Da muss ich dich enttäuschen: ich werde deine Erwartungen nicht erfüllen. Und zwar aus zweierlei Gründen: erstens betreibe ich diesen Reiseblog privat und meiner Freizeit. Das heißt, meine Zeit, die ich für einen Artikel aufwende, ist begrenzt. Ich schreibe darüber, wonach mir gerade ist und setze meinen Berichten eine natürliche Grenze. Zweitens bin ich Psychologin, keine Aufdeckerjournalistin. Die Fragen, die du stellst, finde ich zwar unglaublich spannend und hätte auch gerne Antworten dazu, aber ich seh es jetzt nicht als meinen Auftrag, über alle Missstände zu recherchieren und schreiben. Das überlasse ich denen, die das besser können. Gerne mach ich mich aber auf die Suche nach solchem Material und verlinke es hier.
      Liebe Grüße, Barbara

  • Hallo,
    Wir planen im Sommer eine Woche (Lendinuso) Badeurlaub (für meine Frau) mit Sightseeing für mich.
    Fixpunkt sind die Stätte Tarent, Lece und Otranto
    Hast du sonst noch Tips für mich? Alberobello und Matera sind ja sowieso schon geplant.
    Interessant wäre vielleicht auch das antike Schlachtfeld von Canee?
    Lg

    • Hallo Heimo! Das Schlachtfeld kenne ich selber leider nicht. Ich fand Monopoli noch entzückend, sowie die Grotten an der Adriaküste (z.B. Grotta della Poesia). Vor allem im Sommer geht es dort lustig zu! Wenn ihr schon in der Nähe von Alberobello seid, könnt ihr auch die Höhle in Castellana ansehen. Lg Barbara

  • Cara Barbara
    Interessiert habe ich deinen Bericht über Tarent gelesen. Gut und böse, schön und häßlich.
    Ich finde, dass Taronto eine Stadt im Süden Italiens ist. Punkt.
    Und wer vorher nur den Norden oder die Mitte Italiens kennengelernt hat, kommt im Süden eh ein bisschen ins Schleudern, so ist es mir ergangen.
    Das Müllproblem durchzieht den ganzen Süden, vielleicht die adriatische Seite und das Zentrum Apuliens nicht so stark, wie die Ionische Seite.
    Offiziell wurde die Entscheidung,die Ilva, heutiger Name in Tarento zu bauen1959 getroffen. Der Name Italsider. Zu Beginn mit einigen hundert Mitarbeitern, diese Zahl lag in den 70ziger Jahren schon bei über 30.000.
    In Folge dessen gab es natürlich betriebliche Erweiterungen.
    Italsidere war parastatale, also halb verstaatlicht .Italsidere verhalf den Süditaliern zu Berufen, jenseits der Landwirtschaft, Fischerei oder Muschelzucht.
    Des Weiteren wurden Siedlungen, Schulen und vieles mehr erbaut.
    Der Verfall begann mit der ersten Stahlkrise in den 80zigern. Italsidere wurde privatisiert, damaliger Besitzer die Familie Riva.
    Den Rest kennst du ja. Massive Luftverschmutzung, stark zunehmende Zahl an Krebserkranungen und vielen anderen Krankheiten.
    Und tatsächlich findest du dort auf dem Weg den meisten Müll und der Gestank war früher vor 10 oder 15 Jahren so extrem, dass wir die Autofenster geschlossen haben.
    Danach sind wir immer geflogen und anders nach Tarent reingekommen.
    Vor einer Woche wieder mit dem Auto, es riecht immer noch, aber nicht mehr so stark.
    Wenn ich es richtig verstanden habe kommst du aus Österreich. Ich hingegen aus NRW in Deutschland. Dazu noch aus dem Ruhrgebiet, also aus dem Kohlenpott.
    Ich bin ein Kind der Kohle und des Schmitzes.
    Verrottete Zechen gab es bei uns überall, da ist bestimmt auch nicht alles so im Reinen gewesen, ebenso im Osten der Republik. Nun, das hat sich mit den Jahren stark geändert.
    Heute nennt man es Industriekultur.
    Da man im Süden Italiens für alles ein bisschen länger braucht, so ist das halt🤷‍♀️.
    (Nicht das man schon Raketen zum Mond schießt wir seit Jahren im Internet surfen und…)
    Wird man es vielleicht in 50 Jahren oder mehr, wenn der Boden entgiftet ist, auch in Süditalien so nennen.💁‍♀️
    Mein Schwiegervater hat bei Italsidere gearbeitet und ist Gott sei Dank fast 90 geworden. Meine Schwiegermutter ist nun 86. Alle Verwandten aus meiner Familie leben noch. Doch leider sind einige gute Freunde meines Freundes, mit dem ich seit 26 Jahren zusammen lebe recht jung an Krebs gestorben.
    Des Öfteren habe ich mich gefragt, was hier im Süden so anders läuft als im restlichen Italien. Und eine wirkliche Antwort finde ich nicht.
    Ich bin seit COVID Beginn nicht mehr hier gewesen und jetzt merke ich, dass ich dieses Apulien sehr vermisst habe.
    Nun der erste der schimpft, wenn er hier unten ankommt ist mein Freund, der Süditalienerin, der Tarantino, über den Müll, über die Ignoranz und über ich weiß nicht was alles.
    Ich fand deinen Bericht gut und ich grüße dich aus Parabita, fast schon auf halben Weg nach Lecce.
    Viel Spaß wünsche ich dir auf deinen nächsten Reisen.
    In bocca al lupo

    • Hallo Linda! Vielen Dank für dein ausführliches Kommentar! Ich bin immer ganz gefesselt, wenn jemand mit „Insiderinfos“ von Gegenebenheiten berichtet.
      Ja, Süditalien ist definitiv anders. Deswegen liebe ich es aber auch so sehr. Die meisten Städte im Süden sind keine Schönheiten im klassischen Sinn, sondern haben ihren Reiz durch das Flair, das Essen, die Lautstärke und das kulturelle Angebot.
      Prinzipiell bin ich schon Süditalien-erprobt, dennoch hat mich Taranto dann doch etwas verstutzer zurückgelassen als ich das kenne. Aber umso mehr ist mir diese Stadt im Gedächtnis geblieben.

      Ich wünsche dir eine wundervolle Zeit in Lecce. Dort wäre ich auch gerade gern 🙂
      Lg Barbara

  • Sehr schöner und realistischer Beitrag über Taranto.

    Die Familie hat eine Ferienwohnung in Taranto und aufgrund der genannten Umstände wird es schwierig, die irgendwann mal an den Mann zu bringen.

    Das Museum haben wir 2016 besucht und es war wirklich schön, vor allen fand ich das Uboot beim Schloss sehr beeindruckend.

    Ansonsten stimmt alles wie du es sagst. Die meisten Gebäude sind baufällig, überall liegt Müll und Schutt, auch wenn die Stadt mit der Straßenreinigung sehr bemüht zu sein scheint.

    Auf der einen Seite würde ich so gerne nochmal darunter, auf der anderen Seite bin ich mir aber auch nicht so sicher. Alleine die Parksituation im Stadtinneren ist eine Katastrophe und das Risiko für Autoeinbrüche ist recht hoch.

    • Danke für deine Eindrücke! Ja, das stell ich mir wirklich schwierig vor. Es ist so schade, weil die Stadt hätte ja durchaus was. LG

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.