Zürich im Regen – einen Tag durch die Stadt

Zürich im Regen – einen Tag durch die Stadt

Anfang November 2017 war ich beruflich in Zürich. Um auch etwas von der Stadt zu sehen, habe ich einen Tag mehr eingeplant und mich hier auf Stadterkundung begeben. Jedoch machte es mir das Wetter nicht leicht. Da ich aber erst kürzlich in eine wetterfeste, warme Jacke investierte und diese gleich mal einem Test unterziehen wollte, habe ich den Tag nicht ausschließlich drinnen verbracht, sondern bin einfach durch Zürich im Regen spaziert. 

Gepäckabgabe in Zürich

Ich startete meine Runde gegen 10 Uhr am Bahnhof und mein erster Weg führte mich dank eines sehr wertvollen Tipps meiner Schweizer Kollegin in die Zentralbibliothek. In dieser kann man nämlich seine Sachen, in meinem Fall meinen Rucksack, in Pfandfächern verstauen (Koffer gehen nicht – nur zur Info!). Eine super Möglichkeit, um Geld zu sparen, denn die Gepäckabgabe am Bahnhof ist vergleichsweise teuer. Wichtig ist dabei nur, auf die Öffnungszeiten zu achten – sonst bleibt das Gepäck über Nacht eingesperrt.

Unterwegs in Zürich im Regen

Vom Niederdorf bis zum Zürichsee

Dann flanierte ich fast alleine durch das Niederdorf. Hier findet man ein etwas verwirrendes Netz aus schmalen Straßen, mit vielen Cafés und Restaurants, und das Viertel mutet größtenteils liebevoll kleinstädtisch an. Während ich nun so durch die Gassen schlenderte, fielen die Regentropfen stetig und gleichmäßig auf meine Kapuze, und weit und breit war ich fast der einzige Mensch unterwegs – wer also Ruhe in der größten Stadt der Schweiz sucht, muss einfach nur bei Regen raus 😉 .

Durch die Gassen des Niederdorfs

 

Ein nettes Plätzchen im Niederdorf in Zürich

 

Voll begeistert im Regen unterwegs – not

Auf dem Weg Richtung Großmünster stieß ich auf das entzückende Kaffeehaus Schober, dessen Vintagestil von außen schon faszinierend wirkt. Ich trat ein, und fand mich in einem wirklich pittoreskem Lokal, nahm Platz, und obwohl ich wusste, dass es meiner Geldbörse nicht gut tut, gönnte ich mir einen Espresso und zwei Pralinen – die Pralinenvitrine hat mich beim Eintreten gleich in ihren Bann gezogen 😉 . Wie erwartet war das ein etwas teurer Spaß, ich bezahlte für den kleinen Genuss über 8 Franken – aber gut, das Ambiente drinnen ist wirklich toll, und dann darf es ruhig einmal ein wenig Luxus sein.

Ein stimmiges Gesamtkonzept mit lieblichen Details – das Cafe Schober

Wieder draußen im Regen, ging meine Tour weiter – vorbei am Cabaret Voltaire, dem Gründungsort des Dadaismus, wieder hinunter zum Limmatkai und durch die Arkaden der alten Zunftshäuser. Hier ist man wenigstens kurz einmal vor der Nässe von oben geschützt 😉 . Dann kommt man an der großen Kirche Großmünster vorbei, welche ich unbedingt besichtigen wollte. Allerdings ist sonntags Vormittag Gottesdienst, und daher erst nach Mittag für Besucher geöffnet. Also spazierte ich, mittlerweile in etwas melancholischer Stimmung wegen des trüben Wetters, weiter zum Zürichsee. Dort beobachtete ich eine Weile die Enten und Schwäne, die sich zu Hauf´ bei den vielen abgedeckten Booten tummelten und an der Stelle, wo die Limmat in den See übergeht, nach Futter suchten.

Das Cabaret Voltaire ist ein kunsthistorisch bedeutsames Pflaster

 

Unter den Arkaden steht sich´s wenigstens trocken

 

Der Hafen der Limmat mit Blick auf die Kirchen Fraumünster und St. Peter

Zum Aufwärmen ins Helmhaus

Anschließend ging mein Spaziergang weiter über die Brücke, um flussaufwärts dann gleich wieder über die nächste Brücke retour zu gehen. Ich beschloss, die Ausstellung „You“ im Helmhaus zu besuchen. Und zwar aus mehreren Gründen: erstens ist der Eintritt dort frei, zweitens war mir nun doch schon etwas kalt und ich wollte mich ein wenig aufwärmen (die Jacke wärmt halt leider nicht an den Beinen 😉 ), und drittens interessierte mich das Thema, denn das „Du“ hat ja auch immer etwas mit unserem sozialen Leben, unseren Bindungen und Beziehungen zu tun – und das ist ja ganz mein Gebiet.

Die Ausstellung YOU im Helmhaus

Doch bevor ich in die Ausstellung ging, wagte ich noch einen Blick in die Wasserkirche im Helmhaus, welche über eine wirklich beeindruckende Krypta verfügt – alte archäologische Ausgrabungen, die die Entstehungsgeschichte der Kirche erahnen lassen. Besonders spannend fand ich den Wellenbrecher – denn man muss wissen, die Grundfesten der Kirche befinden sich im Fluss Limmat, und wird von diesem noch heute umspült – daher auch der Name „Wasserkirche“.

Die schlichte Wasserkirche

 

Der alte Wellenbrecher im Untergrund der Wasserkirche

Die Ausstellung hielt, was sie versprochen hatte, und die Installationen der heimischen Künstlerinnen und Künstler, die sich mit unterschiedlichen Facetten des „Du“ beschäftigen, wurden in einer kostenlosen Führung ausführlich erklärt. Ich kann einen Abstecher ins Helmhaus bei einem Besuch in Zürich nur empfehlen, egal ob Regenwetter oder nicht.

Die drei großen Kirchen

Dann waren es endlich Nachmittag und Zeit, die drei großen Altstadtkirchen in Zürich – Großmünster, Fraumünster und St. Peter von Innen zu begutachten.

St. Peter

Die Kirche St. Peter ist vor allem für ihre Turmuhr bekannt – denn ihr Ziffernblatt misst stolze 8,64 Meter und ist somit das größte in ganz Europa! Und tatsächlich schaut es ziemlich überdimensional aus, wenn man drauf schaut. Innen drinnen ist die Kirche schlicht gestaltet, aber offen und einladend.

Die Kirche St. Peter mit dem riesigen Ziffernblatt

 

Der Innenraum der St. Peter Kirche

Fraumünster

Die Kirche Fraumünster ist auch überaus bekannt – und zwar für die wunderschönen Fenstergläser von Marc Chagall. Leider ist es nicht erlaubt, drinnen zu fotografieren, deshalb habe ich davon leider kein Foto für euch – und von außen ist leider nichts von deren Pracht zu sehen. Ich hatte aber Glück, denn aufgrund von Aufbauarbeiten für ein Konzert und somit einigen Absperrungen war der Eintritt frei. Normalerweise werden einige Franken verlangt, um die Kirche von innen mit ihren Fenstern bestaunen zu können.

Die Kirche Fraumünster

Großmünster

Diese große Kirche ist wohl das bekannteste Wahrzeichen von Zürich, denn die Doppeltürme sind weithin sichtbar und prägen das Stadtbild. Der Eintritt in die Kirche selbst ist frei, gegen einen Preis von 5 Franken kann man den Südturm hinaufsteigen und eine sensationelle Aussicht auf Zürich genießen – selbst im Regen. Die vier Ausgänge des Turms ermöglichen es, in jede Richtung zu blicken und zu fotografieren. Wer also Zürich von oben sehen möchte, sollte sich Großmünster nicht entgehen lassen!

Über die Brücke Richtung Großmünster

 

Blick vom Großmünster-Turm auf den Zürichsee

 

Blick vom Großmünster-Turm

Rauf zum Lindenhof

Nach einer kleinen Stärkung im Mère Catherine – ich bin immer noch am Schnaufen bei den hohen Preisen fürs Essen in Zürich – spazierte ich über die Rathausbrücke hinüber zum Lindenhof, einer etwas erhöht gelegenen Lindenallee mit einer tollen Aussicht auf die gegenüberliegende Seite von Zürich mit dem Niederdorf, der Universität und dem Zürichberg. Dort stand ich eine ganze Weile (natürlich immer noch im Regen) und versuchte, mir Zürich sonnig und warm im Sommer vorzustellen – muss ja wirklich schön sein 😉 .

Der Lindenhof – eine weitläufige Oase

 

Blick vom Lindenhof auf das Niederdorf

Mit etwas betrübter Stimmung machte ich mich wieder auf den Weg durch Zürich im Regen, wobei ich die Kopie eines Grabsteins entdeckte, der die traurige Geschichte eines verstorbenen Kindes von römischen Herrschaften erzählt. Super Stimmungsbooster – nicht! Nun gut, mit mit schweren Gedanken flanierte ich bergab, und bog in eine beliebige Gasse ab, die sich dann als gar nicht so unbedeutend herausstellte – hier wurden nämlich Überreste einer alten römischen Thermenanlage gefunden, die sich nun unter einem hässlichen Stahlgitter verstecken. Naja, wenigstens kann man über sie drüber spazieren.

Die Thermengasse mit den antiken Überresten unter dem Gitter

Ich wagte einen Blick in die berühmte Bahnhofstraße – eine noble Einkaufsstraße zwischen dem Bahnhof und dem Zürichsee – aber weil Sonntag war und die Geschäfte da geschlossen haben, gab es nicht wirklich etwas Interessantes zu sehen. Außerdem hätte mir hier ohnehin das nötige Kleingeld für eine Shoppingtour gefehlt 😉 . So machte ich mich also wieder auf den Weg in Richtung Bibliothek, um meinen Rucksack abzuholen, und überquerte zum gefühlt zehnten Mal die Limmat über eine weitere Brücke.

Rund um den Platzspitz

Nun marschierte ich wieder durchs Niederdorf zurück Richtung Bahnhof, aber da ich noch etwas Zeit hatte, ging ich noch ein Stück an der Limmat entlang flussaufwärts, und querte dann am Drahtschmiedlisteg. Der Blick auf den ruhigen Fluss und die Bäume, die ganz in Herbstfarben getaucht, ihre Äste gen Wasser wachsen ließen, hatte etwas wirklich Beruhigendes und war extrem schön. Ab diesem Moment ging es mit meiner Stimmung wieder bergauf, und ich beschoss, unter diesen faszinierenden Bäumen wieder zurück zu spazieren. Währenddessen traute ich meiner Nase kaum: ich roch frische Blüten. Als ich mich umsah, entdeckte ich tatsächlich einen Strauch mit kleinen rosa Blüten, der tatsächlich Anfang November blühte. Ich hatte mich intuitiv für eine wirklich perfekte Abschlussrunde entschieden!

Ein herbstlicher Blick auf die Limmat am Platzspitz

 

Ein verträumter Weg am Platzspitz

 

Ein kleines Geschenk am Wegesrand

Hier war mein Spaziergang im Regen dann nun zu Ende – und zwar auf zweifache Art und Weise. Zum einen hatte es mittlerweile aufgehört zu regnen, und ich war wieder am Bahnhof angekommen, von wo aus mein Zug zum Flughafen abfuhr. Das ist übrigens eine tolle Sache an Zürich – der Flughafen ist nur etwa 15 Zugminuten vom Zentrum entfernt, und mehrmals in der Stunde fahren Züge in dessen Richtung. Doch bevor ich mich wirklich auf den Weg machte, musste noch eines sein – und zwar eine warme Ovomaltine. So saß ich also nun dort am Bahnhof, außen ziemlich nass, müde, etwas durchgefroren, aber eine richtig leckere warme Ovomaltine in der Hand. Und mir war klar: Zürich im Regen war ein Geschenk für mich selbst!

Zürich kann auch bei Regen schön sein

Ach ja, die Jacke hat den Härtetest übrigens bestanden 🙂 . Trotz vieler Stunden im Regen wurde ich darunter nicht nass, und auch die Wärmeleistung war noch dieselbe wie im trockenen Zustand. Dieses Modell gibt es zwar nicht mehr zu kaufen, aber Mammut stellt ja viele Jacken mit derselben Technologie (Ajungilak Füllung und wasserabweisendes Obermaterial mit Pertex) her, wie etwa diese hier.

An dieser Stelle möchte ich auch meinen supernetten Unterkunftsgebern in Bülach nochmals Danke sagen für die tolle Herberge, das leckere Essen und die Einführung in die wichtige Schweizer Kultur des Kartenspielens 🙂

Während meiner Tour durch Zürich ging mir auch sehr viel durch den Kopf, was mich selbst als auch meine zukünftigen Reisen betrifft. Wenn du wissen willst, was, schau mal hier!


Psychologische Effekte der Reise nach Zürich

Dabei konnte ich mich verlieren: Beim Spazieren draußen im Regen – da muss ich andauernd mit meiner Stimmung kämpfen (ich hasse Regen!)

Da hab ich mich selbst gefunden: Am Pfeilspitz zwischen den wunderschönen Bäumen und dem duftenden Strauch konnte ich wieder die kleinen Schönheiten schätzen

Besonders intensiver Eindruck: Der fliederähnliche Geruch der Blüten im Park – im November!

Lernerfahrung für mich: Die ist diesmal so groß, dass sie einen eigenen Artikel wert ist! –> „Wenn das Alleinreisen zu Herausforderung wird“

Drei wesentliche Gefühle dieser Reise: Melancholie, Betrübtheit, innerer Friede


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2 thoughts on “Zürich im Regen – einen Tag durch die Stadt”

  • schön, dass du dem Reisen im Regen auch etwas gutes abgewinnen konntest.
    Wenn du in Zürich künftig einen Farbtupfer braucht, würde ich dir das Café les Gourmandises de Miyuko empfehlen . Es liegt zwar nicht sehr zentral, ist aber mit dem Tram gut zu erreichen. Grüsse Helga

    • Hallo Helga!

      Danke für den Tipp! Ich werde Zürich definitiv einmal in der schöneren Jahreszeit besuchen und schau dann dort vorbei!

      Ja, man kann den Regen ja sowieso nicht abdrehen, also warum aufhalten lassen 😉 ?

      LG Barbara

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