Wanderung Großer Speikkogel | ein Tourenbericht

Wanderung Großer Speikkogel | ein Tourenbericht

Es ist Sommer und es ist heiß. Mir geht es zurzeit gar nicht so gut. Die logische Konsequenz aus diesen beiden Fakten: ich muss auf den Berg! Hunderte, vielleicht tausende Male schon hat er mich mit seinen großen weißen Kuppeln angelacht, nun soll der Traum „Großer Speikkogel“ Wirklichkeit werden . Jetzt ist es soweit, es wird Zeit für eine Tour. 

Anmerkung: Dieser Artikel ist ein reiner Erfahrungsbericht. Er ersetzt keine Tourenplanung und hat auch nicht den Anspruch, allgemeingültig zu sein.

Ausblick auf die Berge der Koralpe

Wanderung Weinebene – Großer Speikkogel

3:35, der Wecker läutet. Mist, ist das früh. Obwohl wir Sommer haben, ist es draußen noch finster. Der Kater versteht auch nicht so ganz, was das jetzt soll. Normal ist er derjenige, der uns viel zu zeitig aufweckt. Heute haben wir mal die Rollen getauscht. Er dürfte zwar noch liegen bleiben, aber wenn wir aufstehen, tut er das auch. 

Nach der morgendlichen Bergroutine – Funktionskleidung anziehen, eincremen, Rucksack packen und schnell was frühstücken für die Energie – und natürlich dem Füttern des mittlerweile hungrigen Katers geht es um 4:30 los. Viel zu spät für einen Sonnenaufgang am Gipfel, aber früh genug für Stille und kühle Temperaturen. 

Windräder auf der Weinebene in der Dämmerung
In der Morgendämmerung sind wir schon unterwegs

Von der Weinebene auf den Moschkogel

Wieder eine Stunde später stehen wir am Parkplatz der Weinebene. Das einzige Auto sind wir nicht, aber die einzigen, die gerade jetzt losstarten. 

Die Temperaturen hier heroben auf 1667 Metern Seehöhe sind frisch. Ich muss mir meine dünne Weste anziehen – wohlwissend, dass ich sie vermutlich bald wieder ausziehe. Ich kenn mich, ich schwitze schnell. 

Weinebene in der Dämmerung mit den Windrädern im Hintergrund
Die Weinebene erwacht

Wir marschieren den Forstweg entlang, ehe wir über die Skipiste in Richtung Bergstation aufsteigen. Die Sonne geht bereits auf und sitzt uns im Rücken. Unsere Schatten sind lang, was das Fotografieren nicht so einfach macht. 

Weg auf der Alm im Morgengrauen, Kühe auf der Weide
Hier noch am Forstweg, für den Moschkogel müssen wir gleich nach den Kühen den Trampelpfad nehmen. Der Berg lacht schon herunter

Harry würde lieber den unteren Weg direkt in Richtung Großer Speikkogel gehen, ich will über den Moschkogel. Zusätzliche Höhenmeter machen. Ich brauche heute das maximale Bergerlebnis. Und ich mag den Moschkogel. Es gibt so Gipfel, die sind einem einfach sympathisch, und das ist einer davon. 

Während wir raufgehen, hab ich hunderte oder gar tausende Gedanken im Kopf. Ich denke an die Zeit als Kind, als ich mit Eltern, dem Bruder und dem Opa hier Skifahren war. Ich denke an vorangegangene Wanderungen hier, unter anderem im tiefwinterlichen Schneetreiben. Und ich denke an meine Kinder, die nicht sind. 

Weinebene Bergstation in der Morgendämmerung
Bergstation Weinebene: wie oft bin ich als Kind hier runtergedüst!

Normalerweise könnte ich jetzt keinen Meter mehr bergauf wandern. Wenn nicht alles so gekommen wäre, wie es gekommen ist. Der Schmerz sitzt unfassbar tief, die Wunde wurde erst vor wenigen Tagen wieder aufgerissen. Und doch erhoffe ich mir hier auf der Koralpe ein bisschen Linderung. 

Bergpanorama: Moschkogel, Seespitz und Großer Speikkogel
Oben das Panorama: vorne der Moschkogel, danach der Seespitz, ganz hinten das Ziel, der Große Speikkogel
Felsformationen auf der Weinebene
Wer hat hier Steine geschlichtet? Die Koralpe ist voller seltsamer Formationen

Nach einer Stunde Fußweg erreichen wir den Moschkogel auf 1916 Metern. Gipfelkreuz Nr. 1 für heute. Die mittlerweile aufgegangene Sonne taucht alles in ein warmes Licht. Bis hierher haben Harry und ich keine 20 Sätze miteinander geredet. Der einzige Lärm geht von den Kühen aus, die nun auch schön langsam erwachen. 

Gipfelkreuz Moschkogel
Erstes Zwischenziel nach einer Stunde erreicht: der Moschkogel im warmen Morgenlicht
Kuh allein auf der Alm im Morgenlicht
Kuhten Morgen!

Vom Moschkogel auf den Großen Speikkogel

Wir schauen Richtung Süden und erblicken unser außerwähltes Ziel. Die beiden weißen Kuppeln der Radarstationen warten bereits auf uns. Es schaut noch weit aus, und gleichzeitig als wär es nur ein Hüpfer rüber. Als wir den Moschkogel bergab in Richtung Grillitschhütte gehen, merken wir an, dass eine Seilbrücke hinüber auf die Hühnerstütze das Wandern jetzt irrsinnig erleichtert würde. 

Panoramablick auf den Großen Speikkogel und die Hühnerstütze davor
Mag jemand schnell eine Brücke bauen?

Unten in der Senke haben wir die Wahl: über die Hühnerstütze und den Seespitz hinauf oder unten vorbei übers Kar? Nachdem wir gerade bergauf und bergab marschiert sind, entscheiden wir uns für das Kar. Der Anstieg kommt dann eh noch früh genug. 

Wanderweg über das Kar rauf zum Großen Speikkogel
Übers Kar geht es recht flach dahin, der Anstieg kommt zum Schluss

Die Grillitschhütte hat so früh noch nicht geöffnet, doch jetzt wollen wir sowieso mal rauf. Eine Einkehr verschieben wir auf später. Jetzt geht es erstmal vorbei an tausenden von Heidelbeerpflanzen, an ein paar Sträuchern hängen noch süße Beeren, die uns als Wegzehrung dienen. Wie üppig muss es hier vor zwei, drei Wochen gewesen sein? 

Alm mit runder Hütte (Grillitschhütte) im Hintergrund
Die Hütte lassen wir erstmal rechts liegen, es ist ohnehin noch niemand da

Wieder passieren wir einige Kuhherden. Einmal wird uns sogar der Weg von einer Mutterkuh versperrt. Ich versuche mich mal wieder als Kuhflüsterin, rede ihr gut zu und wir weichen über die Wiese aus. Offenbar vertraut sie uns, wobei ich mich ob ihres skeptischen Blickes hüten würde, ihrem Kalb zu nahe zu kommen. Kühe sind vorsichtige Mütter. Ich hätte in ein paar Wochen auch gerne die Chance dazu gehabt, mein Kind zu beschützen. 

Kuh steht am Wanderweg
Mutterkuh voraus. Nun ist innere Ruhe angesagt und ein paar liebe Worte an das Tier

Trotz der schweren Gedanken merke ich, wie mein Kopf mit jedem Schritt ein bisschen freier wird. Die Sonne ist jetzt gar nicht zu sehen, sie steht noch zu tief und wird von dem Bergrücken Hühnerstütze-Seespitz verdeckt. Wir gehen im Schatten, was angesichts der irre hohen Temperaturen der letzten Tage absolut angenehm ist. 

Wasserstelle im Kar auf dem Weg zum Großen Speikkogel
Quellen, kleine Bäche und Tümpel säumen nun den Weg. Das Kar ist feucht.

Kurz verliert sich der Weg, als wir über den Weidezaun steigen müssen. Aber mit ein bisschen Querfeldeingehen finden wir die Markierung bald wieder. Verschiedene Naturphänomene begleiten uns: Dunst am Himmel, Quellen und Bächlein, die aus dem Kar ins Tal fließen, ein Rabe über unseren Köpfen. Und schlussendlich findet auch die Sonne ihren Weg über den Grat und beschert uns einen zweiten Sonnenaufgang. 

Sonne kommt hinter einer Bergkuppe hervor
Ein zweiter Sonnenaufgang über dem Grat

Nachdem wir die ersten eineinhalb Stunden keiner Menschenseele begegnet sind, kommen uns nun einige Wanderer entgegen. Sie haben wohl den Tagesanbruch am Gipfel erlebt. Ich versuche, mir im Kopf auszurechnen, wann wir für dieses Erlebnis hätten aufstehen müssen. 

Schließlich stehen wir vor dem steilen Weg hoch. Was man vorher nicht an Höhenmeter macht, macht man jetzt. Knackig ist das steile Stück allemal, die Beine sind heute aber auch ein wenig schwer. Meter für Meter schreiten wir hoch, die weißen Kuppeln kommen immer näher, der Schweiß rinnt und die Kühe im Kar mutieren zu Ameisen. 

Blick auf das Kar unterhalb des Großen Speikkogels
Nach dem Aufstieg überblickt man das Kar
Aufstieg zum Großen Speikkogel
Die letzten Meter bis zum Gipfelkreuz

Dann endlich: genau drei Stunden nach Aufbruch vom Parkplatz erreichen wir den Gipfel vom Großen Speikkogel! Die Luft ist noch kühl, aber wir spüren die Wärme der Sonne. Die Nepalfahnen an den Ketten des Gipfelkreuzes, an dessen Flanken wir Platz nehmen, wehen im Wind, der hier heroben immer geht. 

Am Gipfel vom Großen Speikkogel
Um 8:30 am Gipfel angekommen

Wir blicken weit. Durch den Dunst aber nicht so weit, wie wir vermutlich ohne diesen könnten. Also beschließen wir, im Herbst wiederzukommen. Kaum am Ziel, schon steht der nächste Plan. Warum sind wir so? 

Doch für viele Gedanken ist nicht viel Gelegenheit, denn die niederen Bedürfnisse schlagen zu. Gemeinsam mit uns sind noch drei Wanderer heroben, die klüger waren als wir und sich Bierdosen mitgenommen haben. Ein Gipfelbier, das wärs jetzt! Wir merken das an und ich ergänze, dass wir das das nächste Mal auch einpacken sollten. Weil man am Berg aber kameradschaftlich gesinnt ist und die drei Herren offenbar Mitleid mit uns haben, geben sie uns je eines ab. Nun sind wir vollends zufrieden. 

Gipfelbier - mit Dose Puntigamer am Großen Speikkogel
Danke an die edlen Gipfelbierspender!

Schnell noch einen Müsliriegel hinten nach, ein paar Gipfelfotos und dann geht es auch schon wieder talwärts. Die Zahl der Menschen heroben wird immer mehr, uns wird es zu voll und bald auch zu warm. 

Erinnerungstafel an den Bergbesuch von Erzherzog Johann 1811
Auch unser verehrter Erzherzog Johann war 1811 schon mal heroben

Über den Seespitz zurück zur Weinebene

Vorhin haben wir den Grat vom Seespitz und der Hühnerstütze ausgelassen, dafür wählen wir den jetzt als Rückweg. Vom Gipfel des Großen Speikkogels bis zum Seespitz sind es nur ca. 25 Minuten. Damit wäre nun der dritte und letzte Gipfel der Tour erreicht. 

Gipfelkreuz Seespitz Koralpe
Großer Speikkogel und Seespitz auf einem Bild

Mittlerweile sind die quälenden Gedanken im Kopf leiser geworden. Ob es am Auspowern liegt, an der weiten Landschaft oder dem drittmaligen Erfolgserlebnis eines Gipfels, vermag ich nicht zu beurteilen. Quälende Zweifel weichen ein bisschen Hoffnung. Ob sich bei uns nach einem dritten Anlauf wohl auch endlich Glück einstellt? Ich lasse die Metapher zu. 

Hier oben am Grat sieht man gut auf beide Seiten – die steirische und die kärtnerische. Der Weg verläuft exakt an der Landesgrenze, man ist hier also quasi Grenzgänger. 

Einen Stein rauflegen auf ein Steinmandl
Ein Stein muss sein!

Bald schon erblicken wir ein Steinmandl, das ein bisschen die Form eines Pilzes hat. In der Früh haben wir noch übers Schwammerlsuchen geredet, nun haben wir eines gefunden. Harry legt ein Steinchen oben drauf. Ich mache mir ein bisschen Sorgen um die Statik und lege einen unten hin. Vielleicht schafft man so eine weitere Stütze für den überhängenden Kopf. 

Die hier typischen, steinernen Felsformationen werden wieder häufiger. Sie sehen ein bisschen aus wie der berühmte Felsen aus „König der Löwen“, nur halt in Grau. Wir treffen dort auch wieder auf eine einzelne Mutterkuh mit ihrem Kalb, das erst wenige Tage alt sein dürfte. Wie entzückend! 

Am Grat auf der Hühnerstütze - links Steine, rechts Kühe
Der Felsen steht in Kärnten, die Kühe in der Steiermark

Nun sind auch die Meter über die Hühnerstütze gelaufen (warum eigentlich der Name?). Nun kommt der für uns schwierigste Teil der Tour: der Abstieg übers steile Gelände. Uns schmerzen noch die Zehen von unserer letzten heftigen Tour aufs Hochtor vor drei Wochen. Auch jetzt spüren wir wieder den Druck unter den Nägeln. Schön langsam und möglichst in Serpentinen gehend wandern wir bergab. Der Langsamkeit sei Dank, erblicke ich eine Kröte im Gebüsch. 

Abstieg zur Grillitschhütte
Da unten wartet schon die Belohnung auf uns!

Als wir schließlich bei der Grillitschhütte ankommen, sind wir froh, die Bergschuhe kurz mal ausziehen zu können. Eigentlich hätten wir gerne Kaiserschmarrn gegessen, den gab’s allerdings nicht. Das Käsebrot und die Buchteln sind aber auch köstlich! Harry schlägt gleich in die Vollen und gönnt sich einen Tafelspitz mit Kürbis und Kartoffeln. 

Buchteln mit Vanillesauce
Man muss ja irgendwie die verbrauchten Kalorien wieder reinholen

Sehr satt machen wir uns auf den Rückweg zum Parkplatz. In dieser einen Stunde hätten wir manchmal den Wunsch, gerollt zu werden. Außerdem ist es mittlerweile nach 12 Uhr und die Sonne brennt vom Himmel. Wo ist nun die frische Kühle des Morgens? In der Früh habe ich die schöne offene, weite Landschaft der Weinebene noch gelobt, jetzt würde ich mir dichten Wald oder eine Schlucht wünschen. Die schwindenden Knorpel in meinen Knien machen sich auch bemerkbar. Genusswandern ist das jetzt gerade keines mehr. 

Wanderweg auf der Weinebene
Wir haben noch einige Meter vor uns – in sonnenbeschienenem Gelände

Kurz vor Ende der Wanderung werden wir dann aber doch nochmal mit einem schönen Erlebnis beschenkt. Eine junge Kuh kommt friedlich auf uns zu und leckt Harry über den Arm. Sie will offenbar Salz! Nachdem wir ordentlich schwitzen, wären wir gute Salzlieferanten. Als wir aber von mehreren Kühen eingekreist werden, wandern wir doch weiter. Doch die erste Kuh hat Gefallen an uns gefunden und wandert uns nach, einige ihrer Freundinnen ebenfalls hinterher. So gehen wir ein paar hundert Meter gemeinsam, ehe sie merkt, dass wir vielleicht doch keine geeigneten Salzsteine sind. 

Kuh geht mit uns wandern, dahinter weitere Kühe
Kuhli-Muh auf Verfolgungsjagd

7 ½ Stunden nach unserem Aufbruch bei Dämmerung erreichen wir wieder das Auto. Eine Stunde ist für Pausen am Gipfel und bei der Hütte draufgegangen. Die schmerzenden Glieder beim Retourweg haben uns auch ein bisschen Zeit gekostet. So gesehen war die geplante Zeit mit 6 Stunden schon gut berechnet. Nun geht es wieder ab nach Hause, wo erstmal eine kalte Dusche auf uns wartet. 

Parkplatz Weinebene
Wo in der Früh noch alles im halbdunkel lag, knallt nun die Sonne herunter – ab nach Hause!

Großer Speikkogel Tour: Fazit nach der Wanderung

Auch wenn die letzten Kilometer für uns beschwerlich waren, so war die Wanderung von der Weinebene auf den Großen Speikkogel doch insgesamt ganz wundervoll. Vor allem die Ruhe und Kühle in der Früh war fantastisch, das Licht ganz zauberhaft. Besonders im Sommer empfehle ich also einen Aufbruch möglichst früh. 

Ich bin ein großer Fan von Kühen und mag sie, wer sich fürchtet sollte den Weg aber doch besser meiden oder einen großen Holzstecken mitnehmen, denn sie sind hier fast überall. Den wenigen Hunden gegenüber, die andere Wanderer mithatten, waren sie gleichgültig gestimmt. Ich nehme also an, sie sind sie gewohnt. Trotzdem: mit Hunden an Mutterkühen vorbeizugehen, kann durchaus zu unguten Situationen führen. Ich will es nur gesagt haben! 

Mutterkuh mit jungem Kalb am Berg
Entspannt, aber dennoch wachsam: man sollte gerade Mutterkühen immer mit dem nötigen Respekt begegnen

Was ich besonders reizvoll fand: man kann drei Gipfelkreuze auf einem Streich passieren, sofern man wie wir den Weg über den Moschkogel und den Seespitz wählt. Dass sich mittendrin auf der Strecke eine Hütte befindet, ist ebenfalls sehr praktisch und rundet das Wandererlebnis ab. Jedenfalls nachgehenswert!

Blick auf eine Almhütte
Almfeeling gibt’s auf der gesamten Wanderung auch noch dazu

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Wer sich für weitere Strecken im Gebiet der Weinebene und des Großen Speikkogels interessiert, findet auf Bergfex einige alternative Routen.

Wenn du Wanderanfänger:in bist, dann lies dir unbedingt meine Wandertipps mit 10 Dos und Don’ts durch!

Weiter nordöstlich vom der Koralm befindet sich das Grazer Bergland. Auch dort lässt es sich im Sommer wie im Winter gut wandern.

Wer den Großen Speikkogel mit Hunden bewandern will, macht es am besten wie Katja von Hunds-Tage und geht, wenn die Kühe weg sind.


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