Valle di Santa Lucia in Torbole – historisch wandern am Gardasee
Ohne Zweifel ist der Gardasee ein Gebiet, das so ziemlich alles bietet – Wasser, Berge, Kultur und Geschichte. In jedem Ort findet man interessante Plätze und Wege, und die Natur zeigt sich ganzjährig von ihrer allerschönsten Seite. Im Rahmen meiner großen Italientour auf den Spuren von Goethe machte ich Halt in Nago-Torbole und erkundete das Valle di Santa Lucia. Damit bestätigte ich mir wieder einmal selbst, wie interessant das Wandern am Gardasee eigentlich ist.
Ein Tal mit Geschichte
Das Vorhaben, auf meiner Tour so viele Schauplätze wie möglich von Goethes italienischer Reise zu besuchen, führte mich also nach Nago-Torbole. Der Ort am nordöstlichsten Rand des Gardasees ist sowohl Windsurfern als auch Kletterfreunden ein Begriff. Die beiden Ortsteile Nago und Torbole sind durch einen großen „Felsen“ voneinander getrennt, über den auch die Verbindungsstraße führt.
Doch diese Straße gab es nicht immer. Früher war die einzige Verbindung das „Valle di Santa Lucia“, ein schmales Tal an der schroffen, hohen Seiten der felsenartigen Erhebung entlang. Die Straße, die über diese Strecke führt, wurde bereits unter den Römern frequentiert und verband das Etschtal mit dem Gardasee. Viele Adelige und Feldherren spazierten bereits auf der Strada Santa Lucia hinab und hinauf.
Das Tal erlangte spätestens mit einer spektakulären Aktion 1439 historische Berühmtheit. In diesem Jahr nämlich schafften es die Venezianer, die Flotte der Mailänder im Gardasee anzugreifen – obwohl sie keinen direkten Seezugang hatten. Sie transportieren ihre Galeeren über die Etsch bis nach Mori, und von dort über das Valle di Santa Lucia an den Gardasee, was damals einem unglaublichen Unterfangen gleichkam. Heute erinnern Hinweistafeln daran, und in vielen Museen rund um den See – etwa in Malcesine – erfährt man Genaueres zu diesem Ereignis.
Aber das Tal zog nicht nur Krieger (auch in den Weltkriegen war es bedeutender Schauplatz), sondern auch Reisende an. Bereits Dante Alighieri stattete Anfang des 14. Jhd. dem Castel Penede, welches am Felsen oberhalb des Tals liegt, einen Besuch ab. Und natürlich (deshalb war ich ja dort) kam auch Goethe 1786 genau durch dieses Tal herab nach Torbole. Dazu schrieb er:
Die Feigenbäume hatten mich schon den Weg herauf häufig begleitet, und indem ich in das Felsamphitheater hinabstieg, fand ich die ersten Ölbäume voller Oliven.
Das Valle di Santa Lucia heute
Und auch heute noch spaziert man über alte Pflastersteine vorbei an Steinterrassen und unzähligen Olivenbäumen, wenn man im Tal von Santa Lucia zwischen Torbole und Nago unterwegs ist. Es ist wirklich ein verwunderndes Naturschauspiel, wenn man die früchtetragenden Bäume betrachtet und im Hintergrund noch schneebedeckte Gipfel erblickt. Tatsächlich ist hier bald einmal die natürliche Grenze des Olivenbaumes erreicht, denn weiter nördlich ist es ihm schon bald zu kalt.
Außer von Wanderern wie mir wird das Tal aber kaum noch frequentiert. Mittlerweile haben zahlreiche Straßen rundherum die Via di Santa Lucia als wichtigsten Verkehrsweg zwischen Nago und Torbole abgelöst. Auch wenn man auf der Via Europa einen tollen Ausblick hat, wenn man herunterfährt: das bedeutsame historische Gefühl fehlt hier. Aber fahren ginge in dem schmalen Valle di Santa Lucia auch nicht. Dafür umso besser gehen.
Der „Gardasee Trek – Low„, ein beschilderter Wanderweg, führt zum Beispiel hier durch. Und wer eine Jause mitgebracht hat, findet auch ein nettes Picknickplätzchen mit toller Aussicht auf den See und ein paar Rastbänke.
Der Wanderweg durch das Tal
Ausgangspunkt für eine Wanderung durch das Valle di Santa Lucia ist das kleine Zollhäuschen im Hafen von Torbole. Einmal über die Straße gegangen, ist man dann auch schon an der Piazza Goethe. Hier erinnert eine Tafel und ein Abbild Goethes daran, dass er 1786 hier und hellauf begeistert war von dem Ort. Steht man vor der Gedenktafel an Kaiser Josef II. (ja, der war auch da), hält man sich links und marschiert stetig berauf.
Nach wenigen Minuten kommt man zum Belvedere, einem verfallenen Turm, welcher heute eine tolle Aussichtsplattform ist. Danach kann man noch durch den angrenzenden Olivenpark spazieren und hält sich nach dem hinteren Tor des Parks links. Hier ist man bereits in der Strada Santa Lucia. Sowohl ein gleichnamiges Hotel, als auch Hinweistafeln zeigen, ob man richtig ist.
Ab hier kann man sich gar nicht mehr verlaufen – was ja in den Gassen von Torbole noch leichter passieren kann. Denn hier jetzt geht es einfach immer geradeaus bergauf. Vorbei an Wein- und Olivengärten führt der Weg direkt an dem Fels entlang, und mit etwas Aufmerksamkeit entdeckt man auch die Informationstafel zum Valle Santa Lucia sowie das Castel Penede über einem.
Jetzt heißt es einfach genießen – den Weg, die Aussicht, die Tatsache, dass man sich auf wirklich historischem Boden befindet. Denn genau hier liefen sie alle auf- und ab – von den Römern bis Goethe. Dieses Wissen wie auch die traumhafte Aussicht bei einem Bänkchen in der Mitte des Weges lösten einen unglaublichen Glücksschub in mir aus, ich wollte gar nicht mehr aufhören hier zu gehen.
Man darf sich ruhig ein wenig Zeit lassen hier – wie generell beim Wandern am Gardasee. Es gibt so viele tolle Ausblicke, Pflanzen und auch Tiere zu entdecken, und vielleicht hat man wie ich auch einmal das Gefühl, dass die Zeit hier auf dem Weg einfach stehen bleibt.
Oben in Nago angekommen, kann man nun entweder durch den Ort spazieren, wieder umkehren oder noch einen Abstecher zur Ruine des Castel Penede machen. Ich würde vielleicht ersteres, aber auf alle Fälle letzteres empfehlen! Der nicht allzu lange Aufstieg lohnt sich.
Das Castel Penede
Die ehemalige Burg ist bereits sehr alt. Bereits zu Römerzeiten war hier oben eine Siedlung, und die Burg selbst wurde 1210 erstmals urkundlich erwähnt. Nicht umsonst stand das Castel hier oben – durch die einzigartige Lage an der Kuppe des Felssporns konnte man die Bewegungen unten im Valle di Santa Lucia gut einsehen. Auch der Blick nach Torbole war von hier oben gewährleistet.
Auch heute noch kann man sich an dem Ausblick hier oben erfreuen – man sieht wunderschön ins Tal hinab und auf die Landschaft rings herum. Das einzige, was mich von einem längeren Aufenthalt hier oben abgehalten hat, war der starke Wind, der ganz vorne an der Klippe so stark war, dass ich mich mit offener Jacke dagegen lehnen konnte und nicht umgefallen bin (sowas muss man mal gemacht haben 😉 ).
Doch Angst, irgendwo vom Wind hinabgeblasen zu werden, muss man keine haben: das Castel ist an allen Seiten gesichert. Man findet einige Informationstafeln sowie eine Erinnerung daran, dass Dante Alighieri einmal hier war und poetisch vom Ausblick inspiriert wurde. Der Eintritt ist übrigens frei.
Falls bei dir gerade keine nette Winzerin im Garten steht, die dir den Weg erklärt: einfach vom Valle di Santa Lucia kommend gerade weiter bis zum knallgelben Haus. Kurz danach geht es unter einem Torbogen links – hier hängt auch ein Schild, auf dem „Castello“ steht. Dann immer dem Weg entlang hinauf auf den Berg. Nach etwa 10 – 15 Minuten ist man oben angekommen und muss dann den Weg links nehmen. Es ist nicht sehr weitläufig hier oben, also verlaufen ist nur schwer möglich. Der Strommasten bietet immer eine gute Orientierung.
Historisch Wandern am Gardasee
Mit dem Besuch des Castel Penede und der Wanderung im Valle di Santa Lucia bist du also auf ganz schön historisch wichtigem Boden unterwegs. Und das ganz einfach von Torbole aus und in insgesamt etwa 2 Stunden. Perfekt also für einen kurzen Stopp, einen Halbtagesausflug in den Norden den Gardasees oder – wie bei mir – Lust auf ein klein wenig Bewegung in geschichtsträchtiger Atmosphäre. Ja, ich
darf zurecht behaupten, ich war in Nago-Torbole auf Goethes Spuren unterwegs und das mit mindestens der gleichen Begeisterung wie er damals.
Rund um den Gardasee gibt es natürlich noch unzählige bedeutsame und sehenswerte Wanderwege. Wer sich auf die Suche nach Kriegsschauplätzen begeben will, kann oberhalb von Tignale Ausschau halten nach Höhlen und Bunkern. Auch der Sentiero della Pace von Riva auf den Monte Brione hält einiges bereit, genauso wie die kurze Tour auf die Rocca di Manerba mit ihrer Ausgrabungsstätte.
Diese Wanderung war Teil meiner ersten Etappe auf meiner „Auch ich in Italien“ – Tour auf Goethes Spuren durch Italien.
Goethes Italienische Reise nachgereist – Etappe 1: Von Sterzing bis Verona
Alles über diese Tour gibt´s im folgenden Artikel
Italienische Reise – ein Abenteuer auf Goethes Spuren
Auch zum Gardasee selbst habe ich zwei interessante Artikel für dich
Der Gardasee – vielseitige Perle
Gardasee Norden – Städte, Aktivitäten und Tipps
Mit diesem Artikel nehme ich außerdem an der Blogparade von Tatjana zum Thema „Lieblingsplätze am Gardasee“ teil. Dort findest du die verschiedenen Lieblingsspots von Bloggern an diesem herrlichen See!
Psychologische Effekte der Wanderung
Dabei konnte ich mich verlieren: Manchmal will die Vorstellung, dass an der Stelle, an der ich gerade gehe, so viel Bedeutsames stattgefunden hat, dass hier Kriege entschieden wurden oder berühmte Menschen genauso wie ich unterwegs waren, nicht in meinen Kopf.
Da hab ich mich selbst gefunden: Als ich mich darauf fokussiert habe, nicht alles verstehen zu müssen, sondern einfach den Moment zu spüren. Das pure Glücksgefühl zuzulassen und einfach möglichst wenig zu denken hat gewirkt.
Besonders intensiver Eindruck: Natürlich der Ausblick auf den Gardasee von verschiedenen Stationen des Weges aus. Ob von der Belvedere, dem Platz mit der Bank, der Picknickstation oder dem Castel Penede – der Anblick des Sees ist einfach herrlich.
Lernerfahrung für mich: Manchmal liegen die schönsten Wege direkt vor der Nase. Man braucht sie nur zu gehen.
Drei wesentliche Gefühle dieser Wanderung: Glück, Erhabenheit, Fassungslosigkeit.
Nützliche Links fürs Valle di Santa Lucia
Unterkunftstipp
Ich habe mich in das kleine, aber sehr feine Hotel Garni Ischia* einquartiert. Es liegt zentral in der Nähe des Sees, ist preiswert und verfügt über ein gutes Frühstücksbuffet.
Buchtipps
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Das ist Barbara, eine reisesüchtige Psychologin. Sie liebt Sonne, Italien, gutes Essen und Wein. Und denkt gern über sich selbst und andere nach. Meistens mag sie sich ganz gern und plant ständig irgendwelche Reisen.
Ich war wirklich schon häufig am Gardasee – und das Schöne ist, immer wieder stoße ich auf Orte die ich noch gerne dort entdecken möchte! Danke dafür.
LG Manuela
Liebe Manuela!
Da geht es dir ganz gleich wir mir! Ich staune auch jedesmal aufs Neue, was es am Gardasee alles zu entdecken gibt! Lg Barbara
Man mag es kaum glauben, wie schön die Landschaft rund um den Gardasee ist, auch ich war damals vollkommen fasziniert. Die Fotos sind sehr schön geworden!
Besonders gut gefällt mir an diesem Beitrag, dass du am Ende nochmal auf die psychologischen Effekte eine Wanderung eingehst!
Für mich ist Zeit in der Natur zu verbringen, pure Psychohygiene!
Liebe Grüße, Kay.
http://www.twistheadcats.com
Danke Key! Freut mich dass dir mein Beitrag gefällt 🙂
Ja, das stimmt. Gehen, schauen ,und Kopf frei machen – das geht draußen wunderbar!
Lg Barbara
Liebe Barbara,
das ist ja eine Wanderung ganz nach meinem Geschmack 😉 Auf historischen Pfaden bin ich ja auch immer sehr gerne unterwegs. Überhaupt werde ich Deine Reise auf Goethes Spuren ganz genau verfolgen. Ein wirklich tolles Projekt.
Lg Miriam
Liebe Miriam!
Danke, das freut mich natürlich besonders und spornt mich auch an, regelmäßig davon zu berichten.
Ja da haben wir dann etwas gemeinsam 🙂 ! Ich finde solche Wege extrem spannend und habe dabei das Gefühl, eine kleine Zeitreise zu machen.
Lg Barbara
Wir waren bisher einmal am Gardasee und haben damals den Großteil der Reise in Torbole verbracht. Von dort ging es jeden Tag in eine andere Richtung! Ein paar Orte auf deinen Fotos habe ich gerade wiedererkannt 🙂
Liebe Grüße
Jana
Hey! Oh schön, ich hoffe Torbole hat euch auch so gut gefallen wie mir! Hihi, ja das denke ich mir – der Ort ist ja nicht sooo riesig 😉 LG Barbara
Kaum zu glauben, aber ich war NOCH NIE am Gardasee! Das muss ich jetzt echt bald mal ändern. Diese Wanderung würde mir auch sehr gut gefallen und da der Weg nicht sonderlich beschwerlich aussieht, könnte ich sicher meinen Mann auch überreden. 🙂 Er geht ja leider nicht soo gerne wandern.
Viele liebe Grüße
Julie
Hallo,
toller Artikel und super Bilder.
So lieben wir den Gardasee.
Vielen Dank dafür.
LG
Follka