Die sieben Geheimnisse von Bologna – eine Suche nach versteckten Details
Bologna verbindet man mit vielen Begriffen und Namen. Man nennt die Stadt „la Grassa“ (die Fette), „la Rossa“ (die Rote) und „la Dotta“ (die Gelehrte), und denkt unweigerlich an Universität, Tortelloni und die Zwillingstürme. Doch kaum jemand außer den Einheimischen kennt die sieben Geheimnisse von Bologna, die sich hier verbergen.
Ich war zwar bereits früher schon einmal in der Stadt, aber von diesen sieben Geheimnissen erfuhr ich erst bei meinem zweiten Besuch im Rahmen meiner Italientour auf Goethes Spuren. Und das auch nur ganz zufällig: ich postete ein Foto der Neptunstatue auf Instagram. Ein Bekannter von mir, der lange Zeit in Bologna gelebt hatte, erzählte mir darauf hin von den Überraschungen, die Bologna für seine BewohnerInnen und Gäste bereit hält. Ich war unglaublich neugierig geworden und machte mich auf die Suche nach ihnen.
Und tatsächlich: fünf fand ich auf Anhieb. Es handelt sich dabei um versteckte Details und wenn man es nicht weiß, läuft man gedankenlos an den Spots vorbei. Die verbleibenden zwei werden selbst von eingefleischten Einheimischen nicht gefunden – niemand weiß, ob es sich hierbei nicht um einen Mythos handelt. Spannend sind sie dennoch alle!
Welche sind die sieben Geheimnisse von Bologna?
Neptunstatue
Wer schon einmal in Bologna war, kennt sie bestimmt: Die Neptunstatue vor der Basilika San Petronio. In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde sie von Giovanni di Bologna entworfen und aus Bronze gefertigt. Doch der Bildhauer war schlau und kritisch zugleich, und versteckte so ein pikantes Detail an der Statue. Er kam zwar dem Wunsch der Kirche nach, kleine Genitalien zu gestalten, aber ließ es sich nicht nehmen, ein anderes obszönes Zeichen zu setzen. Betrachtet man Neptun nämlich von schräg rechts hinten, sieht es so aus, als hätte er eine enorme Erektion!
In Wirklichkeit handelt sich aber um seine linke Hand, die er genau auf Hüfthöhe nach vorne hält. Besonders witzig finde ich dieses Geheimnis deshalb, weil Neptun – und somit auch seine getäuschte Erektion – in Richtung Kirche blicken. Das hat sich der Künstler ja fein ausgedacht 😉 .
Flüsterwand
Gleich neben Neptun befindet sich – in der Mitte der Piazza Maggiore – der Palazzo del Podestà. Durch diesen Palazzo kann man ebenerdig unter den Arkaden durchspazieren, welche die Ostseite der Piazza mit der Westseite verbindet. In der Mitte dieses Durchgangs gibt es 4 Ecksäulen, die das zweite Geheimnis Bolognas darstellen.
Dort sieht man immer wieder Leute, die mit dem Gesicht zur Ecke stehen und mit dieser sprechen, während auf der gegenüberliegenden Seite jemand offenbar etwas hört. Dabei handelt es sich nicht um Personen mit Wahnvorstellungen, sondern um solche, die das Geheimnis dieser Wand kennen. Denn spricht eine Person in die Ecke, kann die andere das Gesagte deutlich hören! Diese besondere Konstruktion machte es damals möglich, sich in aller Öffentlichkeit über Geheimes, Verruchtes oder Kriminelles zu unterhalten. Heute sind die Wörter mit „Hallo, kannst du mich hören“ wesentlich belangloser.
Canabis Protectio
Ebenfalls ganz in der Nähe, dort wo die Via Independenzia die Via Rizzoli kreuzt, findet man an der Decke des Porticos (so nennt man die Arkadengänge) drei Schriftzüge. Jene zu Brot und Wein („Panis vita“ bzw. „Vinum laetitia“) sind dabei wenig spektakulär, gehört doch Brot und Wein auch heute noch zur italienischen Genusskultur. Wesentlich interessanter ist der mittlere Schriftzug: „Canabis protectio„, was soviel wie „Cannabis ist Schutz“ bedeutet.
Wovor genau es schützen soll, ist dort leider nicht erklärt, daher darf man raten. Meine Vermutung? Weniger als vor schlechter Laune, Schlaflosigkeit oder Appetitlosigkeit hat Cannabis Bologna viele Menschen vor Arbeitslosigkeit geschützt. Denn der Hanfanbau war in und rund um die Stadt lange Zeit seit etwa dem 15. Jahrhundert verbreitet. Zu Spitzenzeiten arbeitete etwa ein Drittel der Menschen Bolognas in der Hanfindustrie, und dabei wurde möglichst alles von der Pflanze verarbeitet – die Samen zum Öl, die Faser zum Stoff, und die Blüte eben zum Genuss.
Drei Pfeile
Geht man an den Zwillingstürmen rechts vorbei in die Strada Maggiore, sieht man nach etwa 150m auf der rechten Seite einen Portico der etwas anderen Art. Er fällt deshalb sofort auf, weil er aus Holz und ziemlich hoch ist – im Gegensatz zu den niedrigeren, gemauerten Portici. Doch das alleine ist noch kein Geheimnis -interessanter ist das, was sich an der Unterseite des Holzbalkons befindet.
Man stelle sich also unter den Portico und blicke nach oben. Wenn man genau schaut, kann man im Holz steckende Pfeile entdecken. Drei sollten es sein, wobei ich auch nach langem Suchen nur zwei entdecken konnte. Die Geschichte hinter den Pfeilen ist spannend und verrucht zugleich (wie so vieles in Bologna 😉 ). So soll eine Frau, die dort von ihrem Gatten in einem Goldenen Käfig gehalten worden ist, inflagranti mit einem Liebhaber erwischt worden sein. Als die Wachen des Hauses auf den Mann schießen wollten, habe sie ihre Brüste entblöst, sodass die Wachen – abgelenkt wie sie von dem Anblick waren – kurzerhand daneben schossen.
Klein – Venedig
Dies ist wohl das bekannteste der sieben Geheimnisse, wenn man sich die Schlange davor ansieht. In der Via Piella nämlich gibt es ein kleines Fensterchen, das den Blick in ein „anderes“ Bologna erlaubt. In jedes nämlich vor einigen hundert Jahren, also die Stadt noch von Kanälen durchzogen war. Diese Kanäle waren über Flüsse wie dem Reno mit der Adria verbunden und ermöglichten so Handelsbeziehungen und einfachen Warentransport.
Als jedoch die Beförderung über Land immer komfortabler wurde, wurden die Kanäle zugeschüttet bzw. überbaut, sodass viele von ihnen jetzt unterhalb verlaufen. An wenigen Stellen kann man sie aber noch entdecken, wie etwa hier in der Via Piella 18 – sofern man das rote Fenster öffnet und nicht unbemerkt daran vorbei läuft. Das Adventskalender-Feeling sollte man sich keinesfalls entgehen lassen!
Zerbrochener Krug im Turm
Der Torre dei Asinelli ist der wohl bekannteste Turm in Bologna. Er steht zentral, ist der höhere der beiden Zwillingstürme, die im Zentrum nicht unweit von Neptun und Basilika stehen und begehbar. Von oben hat man eine sensationelle Aussicht über die Stadt und zugleich ein paar der vielen Kalorien, die man hier zu sich nehmen kann, abgebaut. Und es gibt noch einen Grund, ihn zu besteigen, denn natürlich verbirgt sich auch im Turm eines der sieben Geheimnisse von Bologna.
Dort soll sich nämlich eine zerbrochene Vase befinden. Dazu gibt es zwei Theorien: eine Geschichte erzählt, dass ein Dieb sie gestohlen und im Turm versteckt haben soll. Eine andere, dass diese Vase die Konfliktlösungsfähigkeit der Stadt repräsentiert. Jedenfalls war es mir leider verwehrt, diese Vase zu finden, obwohl ich wirklich genau geschaut habe. Da ich auch niemanden kenne, der sie jemals gesehen hat und auch im Internet auf den ersten Anhieb keine Fotos von dieser Vase zu finden sind, vermute ich, dass sie entweder eingemauert ist oder es sich um einen Mythos handelt. Ich werde mich beim nächsten Besuch in Bologna jedenfalls nochmal genauer auf die Suche begeben, vielleicht lüftet sich dieses Geheimnis für mich ja. Solltest du sie finden: ich freue mich über einen Erfolgsbericht und einen Hinweis 😉 .
Schriftzug in Universität
Bologna ist bekannt für ihre Universität, denn sie ist die älteste der westlichen Welt. Selbstverständlich, dass sich auch hier ein Geheimnis befindet. Schon seit dem 12. Jahrhundert traf sich in Bologna alles, was in Wissenschaft Rang und Namen hatte. Und die Studenten hier gelten als besonders liberal. Was sie aber wie überall sonst auch tun, ich Stühle und Sessel anzukritzeln.
Hier in Bologna soll sich aber – im Gegensatz zu den sinnlosen „I love you“ Kritzeleien – ein wirklich bedeutsamer Schriftzug an einem Tisch befinden. „Panum resis„, also dass Wissen die Grundlage aller Entscheidungen ist, ist hier im Palazzo Poggi irgendwo eingraviert. Jedoch exisiteren auch hiervon offenbar keine Fotos und in keinem der Berichte, die ich las, war die Rede davon, dass es auch tatsächlich jemand entdeckt hat. Aber es muss ja immerhin auch Geheimnisse geben, die ein Geheimnis bleiben, oder 😉 ?
Mach dich auf die Suche nach den Geheimnissen!
Jetzt habe ich dich hoffentlich dazu animiert, dich selbst auf die Suche nach den sieben Geheimnissen von Bologna zu begeben. Ehrlich gesagt ist auch immer wieder von verschiedenen Geheimnissen die Rede, und es dürften insgesamt auch wesentlich mehr geben (zum Beispiel das Originalrezept der Tortellini, den Schatten eines Jazzsängers an einer Hauswand, die Teufelsfratzen an einem Palazzo, usw.). An interessanten Details mangelt es der Stadt jedenfalls nicht.
Mehr Infos zur Region Emilia-Romagna gibt´s in meinen Artikel
Falls du noch mehr über Bologna wissen willst, findest du bei Zypresse unterwegs, Black dots white spots und Verliebt in Italien noch weitere interessante Infos und Tipps dazu.
Das ist Barbara, eine reisesüchtige Psychologin. Sie liebt Sonne, Italien, gutes Essen und Wein. Und denkt gern über sich selbst und andere nach. Meistens mag sie sich ganz gern und plant ständig irgendwelche Reisen.
Danke für diesen tollen Beitrag! Wir waren im letzten Jahr auf unserer Interrail Tour in Bologna und jetzt nach deinem Text , habe ich gleich noch einen Grund diese wunderschöne Stadt noch einmal zu besuchen und selbst die Geheimnisse zu entdecken.
Lg aus Norwegen
Ina
Hallo Ina!
Macht das – Bologna kann man ja ruhig öfters besuchen 🙂 Vielleicht entdeckt ihr ja die zerbrochene Vase!
Ich werd mir gleich mal euren Interrail – Beitrag anschauen 🙂
Lg Barbara
Bisher kannte ich nur den Bahnhof von Bolgna aus Durchfahrten. Schein so, als wäre ein Aufenthalt ganz spannend. Tolle Geschichten , die Du da zu erzählen weißt.
LG Claudia
Oh ja, Bologna is(s)t großartig 😉 . Alleine fürs Essen würd ich dort immer wieder hinfahren – aber auch der Flair ist sehr hip, jung und speziell. Ein Aufenthalt lohnt sich allemal! Lg
Sehr schöner Beitrag über eine Stadt, die ich noch nicht kenne und auch nicht viel über sie wusste. Interessanter Einblick.
Liebe Grüße
Melanie von https://www.lovingcarli.com
Danke dir!
Wir waren bisher noch nie in Bologna. Aber so Geheimnisse finde ich echt immer wieder spannend, könnte ich mir jeden Tag durchlesen.
LG Steffi
Danke! Ja, ich mag solche Geschichten auch – da macht Sightseeing dann gleich viel mehr Spaß 🙂 LG
In Florenz, Pisa und Rom war ich schon. In Bologna möchte ich ungebingt mal einen Sprachkurs machen und habe gerade etwas Fernweh bekommen. War mir gar nicht bewusst, dass Bologna so viele interessante kleine Geheimnisse bietet.
Ich mag übrigens deinen Schreibstil sehr 🙂
Das kann ich dir wirklich ans Herz legen – Bologna ist in seiner Gesamtheit einfach großartig! Danke dir, das ist wohl das schönste Kompliment für einen Schreiberling 🙂 LG
Liebe Barbara,
Italien steht bei uns nächstes Jahr auf dem Reiseplan und mit deinem Artikel hab ich nun schon ein weiteres Ziel auf unserem Reiseplan und auch gleich den perfekten Reiseführer für Bologna, vielen Dank dafür. Unen Deine Bilder sind der Wahnsinn und machen richtig Lust auf die Stadt!
Viele Grüße
Isa von lustloszugehen
Das freut mich! Viel Spaß dann in Bologna 🙂
Der Titel dieses Artikels finde ich sehr gut gewählt. Er macht direkt Lust ihn zu lesen und klingt einfach spannend! 🙂
Bis jetzt war ich noch nie in Bologna, das sollte ich nach Deinem Artikel aber unbedingt mal ändern. Danke für die schöne Inspiration und die tollen Fotos 🙂
Liebe Grüße aus Berlin,
http://www.ChristinaKey.com
Oh, vielen Dank! Bologna lohnt sich definitiv, und ich denke, du könntest dich dort fotografisch ordentlich austoben 🙂 Ich mag dieses viele Rot in der Stadt, das macht sie einfach einzigartig – mit den Tortelloni natürlich 😉 LG
Bologna muss so toll sein – eine Freundin stammt von dort. Ich bin bisher nur mit dem Zug durchgefahren, das sollte ich demnächst mal ändern. LG Anke
Dann hat sie dir sicher schon vorgeschwärmt, oder? 😉 Das nächste Mal unbedingt einen Stopp einlegen – es zahlt sich aus! LG
Ein sehr schöner und interessanter Beitrag ^^
Die Türme finde ich sehr beeindruckend. Ich glaube der Blick von Oben auf die Stadt ist nicht ganz schwindelfrei, oder? 😀
Hey Ting Ting! Danke dir 🙂 Ja, die Geschichte hinter diesen beiden Riesen ist auch sehr interessant. Ach, man ist zwar hoch oben, aber vor lauter Staunen hatte ich gar keine Zeit, über Höhe nachzudenken. LG Barbara
Ich war noch nie in Bologna, aber das steht jetzt definitiv auf meiner Bucket-List. Danke für diesen tollen Beitrag. 🙂
Das freut mich! Danke, LG Barbara
Danke, liebe Barbara, für diese Geheimnisse Bolognas, die ich auch noch nicht kannte. Da müssen wir uns wohl mal wieder auf den Weg in la grassa, la dotta, la rossa machen. Und Danke fürs Weiterempfehlen 😉
Buon fine settimana!
Ciao!
Macht das – Bologna ist ja sowieso immer eine gute Idee 🙂 Sehr gern doch! Cari saluti
Die Flüsterwand ist einfacher zu finden, wenn man auf der Ostseite des Neptunbrunnens steht und nach Osten guckt. Dann schaut man direkt in die Arkaden hinein, in deren Mitte sich die vier Säulen befinden. Achtung: Die Übertragung des Tons funktioniert nur diagonal.
Toller Artikel! Den Neptunbrunnen kannte ich schon von früheren Besuchen in Bologna, die anderen Geheimnisse waren mir aber auch neu. Danke für die Tipps!