Komfortzonen – warum wir sie auf Reisen so leicht verlassen können
Warum wir alle hin und wieder unsere Komfortzone verlassen sollten und sich das Reisen sehr gut dafür eignet
Wenn ich Leuten von meiner Flugangst erzähle, ernte ich oft verwunderte und fragende Blicke, schließlich fliege ich ja regelmäßig. Dies ist meines Erachtens einfach und schlüssig zu erklären: Rational weiß ich, dass das Flugzeug das sicherste Verkehrsmittel der Welt ist und es statistisch wahrscheinlicher ist, mit dem Zug oder Auto auf dem Weg zum Flughafen zu verunglücken als mit dem Flugzeug abzustürzen. Nicht zu fliegen würde meine Reiseziele noch weiter einschränken (ich fliege nur Kurzstrecken), das Reisen mühsamer machen, die An- und Abreise länger etc.
Jedes Mal, wenn ich fliege, verlasse ich daher meine Komfortzone. Nun musst du natürlich keine Flugangst haben, um deine Komfortzone beim Reisen zu verlassen. Auch sonst bietet das Reisen wunderbare Möglichkeiten, sich aus seinem Gewohnheitsbereich zu bewegen. Nachstehend nenne ich dir 5 Gründe, warum wir alle hin und wieder unsere Komfortzone verlassen sollten und zeige dir anhand von Beispielen, warum sich das Reisen sehr gut dafür eignet.
1. Du wächst über dich selbst hinaus
Als ich zum ersten Mal von der höchsten Schaukel Europas, der „Over the edge“-Schaukel in Amsterdam, erfahren habe, war ich mir zu 100 Prozent sicher, dass ich mich niemals auf diese begeben würde. Und jeder, der mich kennt, hätte dies auch bestätigt. Ich leide schließlich unter Absturzangst und bin generell eine richtige Angsthäsin. Zudem befindet sich die Schaukel im 20. Stock und ich kann nicht mit Aufzügen fahren (da ich klaustrophobisch bin).
Naja, man sollte niemals „nie“ sagen.
Ich bin sehr froh und stolz, mich überwunden zu haben. Und eine Überwindung war es wirklich. Ich war ziemlich nervös und aufgeregt. Während des Schaukelns (es dauerte nur etwa 2-3 Minuten) war ich sehr verkrampft und zugegebenermaßen heilfroh, als es wieder vorbei war. Was bleibt, ist jedoch das unbeschreiblich tolle Gefühl, etwas geschafft zu haben, das ich mir niemals zugetraut hätte (und das auch andere mir nicht zugetraut hätten).
Ich erzähle das nicht, um anzugeben. Es ist selbstverständlich auch okay, sich nicht zu überwinden. Ob sich die Überwindung lohnt oder die Angst einfach zu groß ist, kann schließlich nur jeder für sich selbst beurteilen. An manchen Ängsten, wie etwa der eingangs erwähnten Flugangst, sollte man aber meines Erachtens unbedingt arbeiten, da sie das Leben sehr stark einschränken können.
Was mir im Falle der Schaukel zudem sehr geholfen hat, war, dass eine Vertrauensperson (in diesem Fall mein Vater) neben mir saß, der mir Mut machte und mir während des Schaukelns voller Zuversicht zulachte <3 . Alleine hätte ich mich wohl nicht getraut.
Und um eines noch klarzustellen: Meine Aufzugangst habe ich beispielsweise nicht überwunden. Ich bin ganze 20 (!) Stockwerke zu Fuß (!) gegangen. 😀 An dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön an den netten Manager von A’DAM Lookout, der nicht nur eine Ausnahme für uns gemacht hat, sondern auch noch die 20 Stockwerke mit uns gegangen ist.
2. Du stärkst dein Selbstvertrauen
Es gibt wohl nur wenige Menschen, die bereits in jungen Jahren genug Selbstvertrauen haben. An seinem Selbstvertrauen zu arbeiten, kann daher nie schaden. Alleine zu reisen ist meines Erachtens eine der besten Möglichkeiten, sein Selbstvertrauen zu stärken. Viele Menschen haben Angst davor, alleine zu sein, alleine nicht zurechtzukommen, auf Reisen einsam zu sein o.Ä. Indem man sich seinen Ängsten stellt und sämtliche Situationen meistert, gewinnt man Selbstvertrauen. Man erkennt, dass vieles gar nicht so schlimm ist, wie man es sich ursprünglich vorgestellt hat.
Ich bin nach dem Abschluss meines Studiums 2,5 Wochen alleine mit dem Zug durch Südfrankreich gereist. Hatte ich Angst davor? Ja. War ich kurz davor, einen Rückzieher zu machen? Ja. Habe ich mir die Reise zugetraut? Nein. Fakt ist jedoch, dass es eine der besten Entscheidungen meines Lebens war und ich absolut nichts bereue. Mit einem Koffer voller Ängste bin ich losgezogen und mit einem Koffer voller Selbstvertrauen bin ich zurückgekehrt. Keine meiner Ängste hatte sich zudem bewahrheitet, was wieder zeigt, dass die Dramen im Kopf immer schlimmer sind als die Realität.
Falls du überlegst, mal alleine auf Reisen zu gehen oder noch unschlüssig bist, hier geht’s zu meinen Tipps fürs Alleinreisen.
Auf dem Blog hier gibt´s übrigens auch noch einen Artikel zum Thema „Angst vorm Alleine reisen„.
3. Du lernst dich selbst besser kennen
Ich bin heuer zum ersten Mal im Norden gewesen, genauer gesagt auf den Färöer-Inseln. Bisher war ich ein absoluter Sommermensch und wenn mir jemand vor zwei Jahren gesagt hätte, dass ich freiwillig im Sommer einen Ort, an dem es nur 10 Grad Celsius hat, aufsuche, hätte ich ihn ausgelacht.
Fakt ist, dass die Reise auf die Färöer-Inseln eine der besten Entscheidungen war. Darüber werde ich vielleicht noch einen separaten Beitrag verfassen. Kurz gesagt habe ich jedenfalls nicht nur meine Lust am Norden entdeckt, sondern auch beschlossen, wieder vermehrt wandern zu gehen. Die niedrigen Temperaturen waren nicht mal halb so schlimm, wie befürchtet, auch meine Stimmung blieb fast durchgehend gut (und das trotz Kälte, Regen, Nebel etc.!). Das war eine ganz neue Erfahrung für mich. Über meine Einstellung zum Wetter bzw. zu äußeren Umständen habe ich auch hier geschrieben. Die Reise hat mich zudem wieder daran erinnert, wie sehr ich Sprachen liebe. Am liebsten würde ich alle Sprachen der Welt lernen. Als ich zurückgekommen bin, habe ich wieder begonnen, Schwedisch zu lernen. Okay, die Euphorie hielt nur zwei Tage an, aber hey, immerhin.
Ich habe also die Gewohnheit, in den Süden zu reisen, durchbrochen und dadurch viele neue Erfahrungen gemacht sowie neue Erkenntnisse über mich gewonnen. Wenn du also das nächste Mal denkst „Nein, das ist sicher nichts für mich!“, kann es sich lohnen, es auszuprobieren. Manchmal überraschen wir uns schließlich selbst. 🙂
Tipp: Wenn du mal ein neues Reiseziel ausprobieren möchtest, aber noch unentschlossen bist, welches, wäre vielleicht Blind Booking etwas für dich.
4. Du gewinnst an Zuversicht und meisterst neue Herausforderungen leichter
Wenn du regelmäßig deine Komfortzone verlässt, kannst du besser mit neuen oder unerwarteten Situationen umgehen, da du auf Referenzerfahrungen, also auf bereits gemeisterte Herausforderungen in der Vergangenheit, zurückgreifen kannst. Wenn ich beispielsweise heute nochmal alleine durch Frankreich reisen würde, wüsste ich vieles bereits und einiges würde mich nicht mehr so leicht oder vielleicht sogar gar nicht mehr stressen.
Oder kommen wir zurück zum Thema Flugangst: Meine Flugangst ist am schlimmsten, wenn ich alleine, d.h. ohne vertraute Person, fliege. Dennoch fliege ich hin und wieder alleine. Warum? Weil es eine Fähigkeit ist, die man haben sollte. Andernfalls ist man immer von jemandem abhängig. Ganz alleine bin ich außerdem nicht. Seit meinem Horrorflug im April 2018 werde ich von meinem Maskottchen „Quetschi“ begleitet.
Was ich damit sagen will: Wenn du vor etwas Angst hast, mach es trotzdem bzw. gerade deshalb und du wirst sehen, dass deine Angst mit der Zeit abnimmt.
5. Du erweiterst deinen Horizont und wirst mutiger
Im Urlaub probieren wir eher neue Sachen aus, die wir uns zu Hause nicht getraut hätten. Die Angst, sich beispielsweise zu blamieren, sinkt. Schließlich ist man in einem fremden Land, wo man niemanden kennt, und man vermutlich niemanden je wiedersehen wird. Diese positive Energie kann dafür genutzt werden, Neues auszuprobieren. Sei es ein Surfkurs, ein Hubschrauberflug oder eine exotische Frucht – Möglichkeiten gibt es meist genug. Ich habe natürlich auch ein persönliches Beispiel. Okay, es ist sehr intim … Na gut, ich teile es mit dir.
In Österreich suche ich niemals FKK-Bereiche auf. Auch sonne ich mich in der Öffentlichkeit nie oben ohne. Es ist mir einfach unangenehm. Als ich dann vor einigen Jahren in Sardinien war, hatte ich plötzlich einfach Lust, mich oben ohne zu sonnen (nein, es gibt an dieser Stelle nun kein Beweisfoto 😉 ). Schlussendlich wollte ich mein Bikini-Oberteil jedenfalls gar nicht mehr anziehen 😀 .
So, jetzt habe ich dir wirklich sehr persönliche Einblicke gegeben und nun bin ich natürlich neugierig, wie das bei dir ist. Bist du jemand, dem es leicht fällt, seine Komfortzone zu verlassen? Wann hast du auf Reisen zuletzt deine Komfortzone verlassen? Lass es mich doch gerne in den Kommentaren wissen!
Danke an Julie von Julie-en-voyage für diesen spannenden und persönlichen Gastbeitrag!
Was für ein schöner und ermutigender Bericht.
Ich denke immer, jede Überwindung sorgt im Anschluss für ein besseres Gefühl. Auch wenn es oftmals nur die kleinen Dinge sind, die Mut benötigen, es tut einfach gut und stärkt für die Zukunft.
Da gibt es so einige Momente in meinem Leben, die ich nie wieder missen möchte 🙂
Liebe Grüße, Katja
Ich finde es toll, dass Du immer wieder Deine Ängste überwindest und Dinge machst, obwohl es Dir unangenehm ist. Hm, ich habe „leider“ weder Flug- oder Höhenangst und auch keine Phobien gegen Spinnen, enge Orte etc. Daher ist das mit dem Überwinden der Komfortzone gar nicht so einfach … Ich muss mal in mich gehen, wo tatsächlich die Grenzen meiner Komfortzone sind.
Liebe Julie, liebe Barbara,
das ist wirklich ein schöner Gastbeitrag geworden! Ich kann die Punkte total nachvollziehen. Ich finde es sehr wichtig meine Komfortzone hin und wieder zu verlassen. Meine Spanischlehrerin hätte auch tierische Flugangst und es hat sie viel Überwindung gekostet mit uns in den Flieger nach Madrid zu steigen.
Mein ganzes Auslandssemester war außerhalb meiner Komfortzone, aber es hat mich im Leben weiter gebracht.
Und zu deiner Leistung mit den 20 Stockwerken: Hut ab! Mein Freund hat mich genötigt die Treppen des Eiffelturms zu nutzen als wir in Paris waren. Ich war noch nie so froh das Ende einer Treppe erreicht zu haben. Die sind nicht gerade meine Stärke, aber auf der Plattform angekommen war ich doch sehr stolz!
Ganz liebe Grüße:)
Michelle
Liebe Michelle,
vielen lieben Dank für deine netten Worte!
Ich habe zwar selbst nie ein Auslandssemester gemacht, aber kann mir sehr gut vorstellen, dass man da permanent die Komfortzone verlassen muss, vor allem wie in deinem Fall – Asien, Fernbeziehung etc. Da habe ich wirklich Respekt davor!
Und wow, auf dem Eiffelturm war ich noch nie. Der ist ja glaub ich noch um einiges höher als 20 Stockwerke … Bei meinem nächsten Paris-Besuch werde ich das auch in Angriff nehmen. 🙂
Ganz liebe Grüße
Julie von julie-en-voyage.com
Super Artikel, zu jedem einzelnen Punkt ist mir sofort ein Beispiel aus meinen Reisen eingefallen 🙂 Beispielsweise als ich in den Alpen wandern war und nach einem fast 2-stündigen Klettersteig auf einmal am Grad stand und nicht weiter konnte. Meine Höhenangst hatte mich so überwältigt, dass ich mir das letzte Stück des Anstiegs einfach nicht zutraute. Andererseits ärgerte ich mich so sehr über mich selbst (ich war tatsächlich nicht mehr weit vom Gipfel entfernt!), dass ich meinen ganzen Mut zusammen nahm und entschlossen hinauf spazierte. Oben angekommen war ich unglaublich stolz auf mich selbst! Beim Abstieg lief ich fast vergnügt hinunter und genoss die wunderschöne Aussicht. Seitdem habe ich keine Höhenangst mehr erlebt 🙂
Alleine Reisen war für mich auch eine spannende Erfahrung, die ich Anfang 2017 für 3 Wochen in Chile machen konnte. Ich war davor schon viele viele Jahre (u.a. sehr abenteuerlich) mit Partner gereist, was eine Grundlage bot. Auf meiner Solo-Reise biwakierte ich im Regen, fuhr alleine per Anhalter und erlebte jeden Tag ein neues Abenteuer!!
LG, Elisa von mommy-mobil.at
Man kann nur wachsen, wenn man seine Komfortzone verlässt . Bin absolut deiner Meinung und leide auch unter Flugangst. Da ich aber so furchtbar gerne reise, gehe ich sie immer wieder an. Nun steht nächste Woche mein 1. Transatlantik Flug an. Ich das allein! Herzliche Grüße Claudia
Ich verreise ja echt gerne und dein Beitrag spricht mir aus dem Herzen. Reisen bildet, Reisen beflügelt mich und ich lebe es neue Menschen und Kulturen kennen zulernen. Meine nächste Reise ist bereits gebucht, auch wieder alleine, leider, doch ich schiffe nach Norwegen und das mit MS. ICH WACHSE ÜBER MICH HINAUS 😉
Liebe grüße
Caro
Schöner Artikel! Ja , die Sache mit der Komfortzone. Mir hat eben besonders die Sache mit der Urban Exploration sehr geholfen, mich mehr zu trauen. Zwangsläufig muss man über oder durch Hindernisse, in dunkeln Gängen herumrennen oder auch schon mal vor Polizei oder Hausbesitzern in Deckung gehen. Am Anfang war wirklich das Problem, dass du einfach nicht wusstest, was hinter der Mauer auf dich wartet, ob du den Ort voller Euphorie verlässt oder du erstmal den langen Umweg quer durch den Wald zum Auto nehmen musst, weil gerade jemand durch die Vordertür kommt. Und wie du schon schreibst, man lernt sich selber besser kennen und merkt einfach „Ich kann/schaff das doch“. Es ist wirklich ein unglaubliches Gefühl. Es ist aber vllt auch ganz gut, wenn man sich von seiner Komfortzone ab und zu leiten lässt, alles wird man auch nicht überwinden können.
Du hast hier wirklich einige spannende Einträge zum Thema! Auf jeden Fall noch viel Freude dabei, die Komfortzone auszuweiten! Und Quetschi ist ja auch super süß! 😀
Lg,
Roach
Hallo Barbara,
das ist ein sehr interessanter und auch persönlicher Artikel, macht Spaß zu lesen! 🙂
Habe noch gar nicht so darüber nachgedacht, dass man im Urlaub offener für Neues ist… aber damit hast du absolut recht!
Ich war auch schon alleine auf Städtetrips in Wien und London. Und letztendlich total happy damit, dass alles so gut geklappt hat und ich meinen Tagesplan selbst bestimmen konnte. Auch die Entscheidung, das erste Mal eine Fernreise zu machen (Thailand) und inzwischen auch selbst alles zu planen (Florida und Südafrika), war eine der besten Entscheidungen! Das macht das Reisen noch individueller und man kann auch etwas stolz auf sich sein.
Eigentlich bin ich nicht so der Adrenalinjunkie, aber im Urlaub traue mir plötzlich hohe Ausblicke, Klettern oder wilde Achterbahnfahrten zu. Und meine panische Angst vor Spinnen hielt sich in Thailand und Afrika sogar in Grenzen (so lange die Spinnen in der Natur sind…aber immerhin). Mal sehen, was ich mich als nächstes traue! 🙂
Liebe Grüße
Iris von Ich Reise Immer So