Italien im Winter: Tipps für die Carnia im Friaul
„Ich will Schnee und ich will Italien!“ Das waren meine Worte gegen Ende des Jahres 2021. Und so kam es, dass wir Silvester in Italien feierten, aber in einer Region, die kaum jemand am Schirm hat: Die Carnia im Friaul. Wie wir die Tage dort verbracht haben, welche Köstlichkeiten man nicht auslassen sollte und warum Italien im Winter sehr abenteuerlich sein kann, verrate ich dir in diesem Artikel.
Wo liegt die Carnia?
Noch nie von der Carnia gehört? Macht nichts, damit gehörst du zur Mehrheit. Kaum jemand kennt diese abgeschiedene Region im Norden Italiens. Etwas mehr sagen dir vielleicht die Karnischen Alpen, die man gemeinhin mit Kärnten verbindet. Die Carnia ist im Prinzip jene Region der Karnischen Alpen, die auf italienischer Seite liegt. Will man Italien im Winter von seiner alpinen Seite erleben, ist das ein richtiger Geheimtipp!
Die Carnia liegt in Friaul-Julisch-Venezien, grenzt im Norden an Kärnten und im Osten an Venezien an. Somit befindet sich diese Region, die zur Provinz Udine zählt, im Nordwesten des Friaul. Mehrere Täler durchziehen die Gegend, davon vier große, unter anderem jenes Tal, das den Tagliamento führt, den breiten, aber selten komplett wasserführenden Fluss. Tolmezzo markiert den Hauptort der Carnia.
Die Gegend wurde über die Jahrhunderte immer wieder zwischen Österreich, Venezien und später Italien hin- und hergereicht. Das merkt man auch an einigen Sprachinseln, die sich erhalten haben, wie etwa in Sauris (dt. Zahre) oder Timau (dt. Tischlwang). Der Großteil der Bevölkerung spricht allerdings furlanisch, eine rätoromanische Sprache. Da es sich hierbei um eine anerkannte Sprache handelt, sieht man die Ortschilder in der Carnia auch immer zweisprachig angeschrieben. Italienisch können hier aber natürlich alle.
Unterkunft und Anreise in die Carnia
Carnia Anreise
Freunde des öffentlichen Verkehrs muss ich an dieser Stelle enttäuschen: Die Anreise in die Carnia geht bequem eigentlich nur mit dem Auto. Tolmezzo erreicht man noch relativ gut mit dem Bus von Udine aus, aber die Busse in die kleinen Täler fahren selten. Und ist man dann erstmal in einem der Örtchen, gestaltet sich ein Fortkommen von dort als Tagesreise.
Wir haben uns daher von vornherein für das Auto entschieden, um die Gegend auch ein bisschen abgrasen zu können. Die Anreise erfolgte in unserem Fall von Österreich aus auf der Autobahn A2, die dann in Italien in die A23 mündet. Dort fährt man bis zur Ausfahrt Carnia-Tolmezzo, ca. 67 Kilometer von der Staatsgrenze entfernt.
Die Rückfahrt wagten wir etwas abenteuerlicher. Dafür wählten wir die Fahrt über den wunderschönen Plöckenpass, der geöffnet und gut befahrbar war. So sahen wir noch einige weitere kleinere Orte in der Carnia und hielten auf österreichischer Seite in Hermagor für köstliche Kärtner Kasnudeln 😊 .
Allerdings, das sei gesagt: Man tut gut daran, richtig dimensionierte Schneeketten mitzuhaben. Gerade bei einem Winterurlaub in der Carnia sollte man bedenken, dass es sich hierbei um eine alpine Region handelt und nicht alle Straßen befahrbar sind. Besonders Passstraßen sind in Italien im Winter häufig gesperrt oder nur für Autos mit Schneeketten geöffnet. Wenn dir also Google einen Weg vorschlägt: Vorsicht! Halte dich auf alle Fälle an die Hauptverkehrsrouten, dort ist sicher geräumt.
Unterkunft in der Carnia
Als Standort wählten wir für unsere 6 Tage in der Carnia den Ort Pesariis aus. Er liegt zwar nicht sonderlich zentral, gilt aber als einer der schönsten in der Region. Im B&B Valtempo Relais* kamen wir für die 5 Nächte unter und waren höchst zufrieden.
Das B&B hat eine Sauna, die man sich für jeweils zwei Stunden reservieren kann, einfach der Chefin Bescheid sagen. Außerdem kann sich das Frühstück sehen lassen! Es ist in Italien ja nicht selbstverständlich, ein wirklich großartiges Frühstücksbuffet vorzufinden, aber dieses B&B bildet eine rühmliche Ausnahme. Von selbst gebackenen Kuchen über frisches Gebäck und an den Tisch servierte Käse- und Wurstplatten bleibt kein Wunsch offen.
Alternativ könnte auch das Sot La Napa etwas für dich sein. Dort haben wir zumindest zweimal sehr gut gegessen, die verarbeiteten Produkte kommen direkt vom eigenen Bauernhof. Noch mehr Ideen für Unterkünfte in der Carnia findest du hier*:
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Italien im Winter: ab in die Carnia
Nun zu den wirklich spannenden Dingen: Was kann man im Winter in der Carnia machen? Das möchte ich dir in den folgenden Absätzen verraten. Wir waren samt An- und Abreisetag 6 Tage in der Gegend unterwegs und haben doch einiges, wenngleich auch nicht alles, erkundet. Die gute Nachricht vorweg: Ein Winterurlaub in den Bergen Norditaliens hat sehr viel mehr zu bieten als Skigebiete!
Ich möchte aber auch anmerken: Die Schneelage war, als wir Ende Dezember, Anfang Jänner dort waren, sehr mau. Also ja, es liegt Schnee – mehr als bei mir zuhause in der Südsteiermark allemal. Aber auf den Sonnenhängen waren wir teilweise auf normalem, schneefreiem Untergrund unterwegs. Für richtige Schneeaction muss man also schon einigermaßen hoch rauf.
Winterwandern in der Carnia
Wanderung zu den Stavoli di Orias
Nicht weit von unserer Unterkunft entfernt, ebenfalls im Val Pesarina gelegen, gibt es einen kleine Bergsiedlung, die Stavoli di Orias. Stavoli ist der Begriff für alte, steingebaute Almhäuser, die einst Hirten und Bergbauern Unterkunft boten. Mit der Zeit verfielen etliche in der Gegend, aber jene in Orias, oberhalb der Ortschaft Truia, wurden renoviert und bilden ein wirklich wunderschönes Ensemble.
Wir starteten unsere Wanderung unten im Tal in Pieria. Gegenüber des Gemeindeamts von Prato Carnico (so heißt die übergreifende Gemeinde aller kleinen Dörfer) gibt es einen Parkplatz, von dem aus man gleich losmarschieren kann. Vorbei an der Chiesa San Antonio ist die nächste Abzweigung rechts gleich unsere. Man kommt an einigen Bauernhäusern und einem Bach mit kleinen Wasserfällen vorbei, bis man sich wieder rechts bergan hält.
Bei der nächsten Weggabelung hält man sich links, dann geht es über einen Forstweg hoch nach Truia. Während wir unten noch stellenweise mit Eis auf den Wegen zu kämpfen hatten, weil dort am Morgen die Sonne noch nicht hinkommt, zogen wir nun unsere Jacken aus, weil wir mittlerweile von den wärmenden Strahlen geküsst wurden.
Von Truia aus ist der Weg hoch dann recht einfach, immer bergauf der Straße entlang! Schließlich gelangt man zu den Stavoli di Orias, wo ein fantastischer Ausblick auf die Bergwelt ringsum wartet. Einkehrmöglichkeiten gibt es hier keine, daher am besten selbst eine kleine Jause mitnehmen. Die Gehzeit hinauf beträgt ca. eine Stunde.
Seeumrundung am Lago di Verzegnis
Der Lago di Verzegnis ist ein Stausee unweit von Tolmezzo, dessen Ostufer gut umrundet werden kann. Parken kann man direkt vor der Brücke über den See. Von dort aus überquert man zuerst die Brücke und biegt dann links ab auf den Wanderweg.
Da der erste Teil des Weges nordseitig im Wald liegt, ist man hier zumeist auf Schnee unterwegs und es ist recht kühl. Trotzdem war es warm genug, dass die kleinen Wasserfälle, die in den See stürzen, nicht zugefroren waren. In kälteren Wintern dürfte das vermutlich anders sein.
Hat man die Ausbuchtung mit den Wasserfällen hinter sich, ist es nicht mehr weit bis zum Staudamm. Ein kleiner Steig führt erst hoch, dann wieder runter auf festen Boden. Wer hier ab Mittag unterwegs ist, darf sich nun über die Wintersonne freuen.
Nach dem Staudamm biegt man dann an der Straße links bei den Leitplanken hinein auf den Wanderweg, der stellenweise über kleine, ungesicherte Betonbrücken führt. Hier haben wir am 1. Jänner auch unsere erste Primel des Jahres gesehen (Klimawandel lässt wohl grüßen!).
Der Rundweg ist mit einer Stunde nicht sehr lang, aber doch spannend. Wer nicht schwindelfrei ist bzw. Absturzängste hat, sollte ihn aber meiden. Sowohl in der Wasserfallbucht als auch am Südufer gibt es viele ungesicherte Stellen, an denen es theoretisch runter ins Wasser geht, wenn man nicht aufpasst.
Schneeschuhwanderung am Monte Zoncolan
Einmal war uns nach richtigem Wintererlebnis. Da wir die Berge der Gegend aber nicht kannten, wollten wir nicht irgendwo querfeldein im alpinen Terrain marschieren – das kann im Winter fatal enden. Also entschieden wir uns für ein gesichertes Areal im Skigebiet vom Monte Zoncolan.
Der Monte Zoncolan ist ein 1750m hoher Berg, der eines der wichtigsten und größten Skigebiete der Carnia beherbergt. Während also im Sommer hier die Radfahrer unterwegs sind (der Monte Zoncolan ist ein Etappenziel des Giro d’Italia), sausen in Winter die Leute auf den Brettern hinunter. Doch auch zum Wandern ist das Gebiet geeignet. Unser Ziel war der Monte Tamai (1970m).
Wir sind mit der Seilbahn von Ravascletto hinaufgefahren. Bedenke, dass das Gebiet sehr beliebt ist – wer spät kommt, hat Schwierigkeiten bei der Parkplatzsuche und muss für die Gondel lange anstehen. Alternativ kann man auch die Straße von Sutrio aus nehmen, die hoch führt (allerdings nicht ganz so hoch wie die Gondel).
Von der Bergstation der Seilbahn aus haben wir uns zunächst an den gut ausgetretenen Pfad für die Spaziergänger gehalten. Hier muss man die Schneeschuhe noch gar nicht anschnallen. Man geht den gut präparierten Weg einfach solange, bis man quasi vor dem einzigen steilen Stück, dem Bergrücken des Monte Tamai steht.
Hier muss man gut Acht geben, denn man steht dann quasi auf der Piste. Da es uns viel zu gefährlich war, entlang der Skipiste hochzugehen, haben wir uns unsere Schneeschuhe zunutze gemacht und sind über den mit Schneefanggittern bestückten Hang hinauf. Oben geht es dann herrlich am Grat entlang bis zum Gipfel des Monte Tamai. Der Rückweg folgt über dieselbe Strecke.
Insgesamt haben wir mit Pause am Gipfel hin und retour 2:10 gebraucht. Man überwindet knapp 250 Höhenmeter, die Länge der Strecke beträgt etwas über 5 Kilometer. Die Ausblicke, die man dazwischen hat, sind sensationell. Man sieht in die verschiedenen Täler der Carnia und mit etwas Glück auch eine Gruppe von Bartgeiern.
Museen besichtigen
Auch wenn die Carnia ein sehr ländliches Gebiet ist, gibt es hier einige spannende Museen zu bewundern. Eines der größten – das Museum der Volkskunst „Michele Gortani“ (Museo Carnico delle Arte populare) – ist in Tolmezzo zu finden. In dieses haben wir es leider nicht geschafft, es soll aber sehr sehenswert sein. Stattdessen will ich dir aber zwei andere Museen und zwei historische Sehenswürdigkeiten draußen vorstellen.
Uhrenmuseum in Pesariis
Pesariis, der Ort, von dem aus wir die Carnia erkundet haben, ist bekannt als Uhrendorf. Jeder hat schon mal Uhren aus Pesariis gesehen, dennoch kennt kaum jemand dieses kleine Dorf im Val Pesarina. Hier gründeten die Fratelli Solari 1725 ihre Uhrenmanufaktur. Doch inoffiziell dürfte die Uhrenherstellung hier schon gut 50 Jahre älter sein, vermutlich durch rückkehrende Wanderarbeiter aus Deutschland inspiriert. Die ersten Uhren sind nämlich jenen aus dem 17. Jahrhundert im Schwarzwald ähnlich.
Das Uhrenmuseum Pesariis zeigt ganz alte Uhren und führt chronologisch dann durch die Geschichte der Uhrmacherei – natürlich immer mit Augenmerk auf die Fratelli Solari. Und so erfährt man auch, welche damals revolutionäre Erfindung wir alle kennen: die Klappzahlenuhren. Man kennt sie von Bahnhöfen, aus Schulen und Ämtern. 1956 erfunden, traten sie von hier aus ihren Siegeszug um die Welt an.
Geologisches Museum in Ampezzo
Zunächst einmal vorweg, um keine Verwirrung zu stiften: Ampezzo in der Carnia hat nicht mit dem Skiort Cortina d’Ampezzo zu tun – auch wenn nur 80 Kilometer zwischen den beiden Orten liegen. Ampezzo ist eines der größeren Dörfer der Carnia und zeigt sich in seinem Kern wirklich hübsch. Dort liegt auch eines der wichtigsten Museen des Geoparks Karnische Alpen, das Museo Geologico della Carnia.
Es zeigt die Entstehungsgeschichte dieses imposanten Gebirges und stellt spannende Fossilien aus, die man hier in der Region gefunden hat. Außerdem besticht es mit zahlreichen interaktiven Infos zu Plattentektonik, verschiedenen Gesteinsschichten und den Urmeeren.
Ein weiteres Museum des Geoparks ist übrigens die Fossilienausstellung im Gemeindeamt von Arta Terme.
Frühchristliche Basilika in Villa Santina
Wer auf dem Weg zum Lago di Verzegnis ist, sollte unbedingt am Rande von Villa Santina Halt machen! Die historische Ausgrabung der frühchristlichen Basilika war 1972 eine Sensation. Ein Münchner Forscherteam war eigentlich auf der Suche nach römischen Grabstätten, die sie auch entdeckt haben – aber eben auch einen Kultbau, der in diversen Epochen genutzt wurde.
Die sichtbaren Reste der eigentlich spätantiken Kirche stammen aus dem 5. Jahrhundert nach Christus. Das Mosaik ist an vielen Stellen erstaunlich gut erhalten und erinnert künstlerisch an jenes in Aquileia. Man hat hier die Möglichkeit, durch den 28m langen und 14m breiten Grundriss zu spazieren. Diese Basilika dürfte ob ihrer Größe eine der zentralen Kirchen hier gewesen sein und maßgeblich zur Christianisierung der karnischen Region beigetragen haben.
Das Areal ist jederzeit frei zugänglich. Einen Blick lohnt auch die ganz in der Nähe liegende kleine Kirche Madonna del Ponte direkt am Tagliamento.
Foro Romano in Zuglio
Ebenfalls eine Zeitreise kann man in Zuglio, wenige Kilometer nördlich von Tolmezzo, unternehmen – und zwar in die Römerzeit. Hier wurde nämlich um 50 v.Chr. mit dem Bau einer großen Stadt begonnen: Iulium Carnicum. Bereits vor der Römern war die Gegend durch den keltischen Stamm der Karnier besiedelt, was der Stadt – und damit später der ganzen Region und dem Gebirge – den Namen gab.
Iulium Carnicum war ein strategisch wichtiger Verbindungort zwischen der Adria und dem Donauraum. Wie prächtig es hier gewesen sein muss, kann man sich anhand des großen Ausgrabungsfeldes nur vorstellen. Da standen Paläste, Thermen, Tempel und Häuser. Die Ruinen fügen sich in das heute kleine Dorf ein.
Wer nicht nur das Forum, sondern auch die ausgegrabenen Exponate bestaunen möchte, kann dies im gleich angrenzenden Museo Civico Archeologico Iulium Carnicum tun. Bei unserem Besuch hatte es leider geschlossen, aber ein Besuch lohnt sich für Archäologieinteressierte bestimmt.
Städte und Städtchen anschauen
Große Metropolen hat die Carnia nicht zu bieten, das ist klar. Aber wer auf kleine, hübsche Orte in Italien im Winter steht, ist hier genau richtig. In den Dörfern ist alles weihnachtlich geschmückt, zumeist liegt Schnee. Und in der einzigen Stadt Tolmezzo hat man die Möglichkeit, Eislaufen oder am Markt einkaufen zu gehen.
Tolmezzo
Tolmezzo ist der Hauptort der Carnia, das Zentrum, an dem der Tagliamento sich nach Süden hin öffnet. Von der Autobahnabfahrt sind es nur wenige Minuten hierher. Die Stadt zählt ca. 10.000 Einwohner und besticht mit ein paar Sehenswürdigkeiten sowie einem Wochenmarkt.
Den Markt haben wir tatsächlich besucht, der findet ganzjährig immer montags von 8-13 Uhr statt. Dabei kann man nicht nur allerhand Krimskrams erstehen, sondern auch regionale Köstlichkeiten wie Wurst, Käse und Honig.
Der historische Stadtkern befindet sich zwischen der Piazza XX Settembre und dem historischen Stadttor Porta di Sotto. Hier gibt’s einige hübsche, alte Gebäude zu bewundern. An der Piazza, die zugleich den Hauptplatz markiert, steht auch der Dom, der rund um die Weihnachtszeit die große Krippe beherbergt. Am Platz selbst wird im Winter ein kleiner Eislaufplatz aufgebaut.
Für eine schnelle Einkehr können wir das Caffé Manzoni direkt an der Piazza XX Settembre empfehlen. Hier gibt es neben Wein und Kaffee auch diverse Häppchen zum Essen. Was ich bei einem neuerlichen Besuch in Tolmezzo sicher nachholen will, ist ein Abstecher ins Museo Carnico delle Arti populari ‚Michele Gortani‘, das Exponate aus dem Leben der Karnier zeigt. Auch ein Aufstieg auf den Aussichtsturm Torre Piccota muss nachgeholt werden.
Sauris
Sauris ist ein spannendes Fleckchen Erde. Die Ortschaft, die sich ins untere und obere Sauris (Sauris di Sotto und Sauris di Sopra) teilt, kann mit einem wunderschönen Stausee, gehobener Küche, Schneespaß, lokalem Bier und einer fantastischen Kirche punkten. Und: hier befindet sich eine von zwei deutschen Sprachinseln in der Carnia.
Die Straße hoch nach Sauris ist kurvig und von Tunneln durchzogen, im Winter aber gut geräumt. Mach uns bitte nur einen Fehler nicht nach: überquere mit dem Auto nicht die Staumauer! Denn plötzlich, nach dem Tunnel, der der Staumauer folgt, fanden wir uns im Schnee steckend vor. Die Ketten passten trotz korrekter Bezeichnung nicht, Schaufel hatten wir keine dabei und Handyempfang gab es auch nicht. Long Story Short: Als ich zu Fuß zurück zur Staumauer lief, um über den ÖAMTC Hilfe anzufordern, kamen auch schon einige hilfsbereite Menschen mit mir und wir schafften es mit vereinten Kräften, das Auto aus dem Schneeloch zu bugsieren! Ein Abenteuer, das uns heute schmunzeln lässt, dass man aber weder wiederholen noch nachmachen muss.
Nun, nach erfolgter Rettung waren wir erstmal hungrig und hier kommt auch gleich mein Einkehrtipp: Im Albergo Ristorante Morgenleit in Sauris di Sotto isst man hervorragend! Die deftige karnische Küche wird hier raffiniert serviert und wir waren von Vorspeise bis zum Dolci begeistert!
Wer hier für einen halben Tag ein kleines Skigebiet sucht, wird hier übrigens auch fündig. Direkt im Ortskern von Sauris di Sotto beginnt die Piste. Fleischesser sollten der Prosciutteria einen Besuch abstatten, deren Schinken direkt hier in Sauris hergestellt wird. Wir haben uns allerdings nur ein wenig umgesehen und sind bald weitergefahren nach Sauris di Sopra.
Dort stehen die entzückenden Holzhäuser eng beieinander und bilden dadurch enge Gässchen. Durch diese sind wir bis zum Shop vom Zahre Beer marschiert. In Sauris (in der Lokalsprache auch Zahre genannt) wird seit 1999 auf beachtlichen 1400m Seehöhe Bier gebraut, dass es hier lokal zu verkosten und zu kaufen gibt. Große Empfehlung für Bierfreunde!
Vorbei am Centro Etnografico di Sauris, einem kleinen Heimatmuseum, sind wir dann bis zur Kirche San Lorenzo spaziert. Nicht nur, dass sie ein wunderbares Motiv umringt von den Bergen abgibt – die kleine Kirche beherbergt auch einen kunsthistorisch spannenden Schatz. Sie ist zwar nicht dauerhaft geöffnet, wenn man aber die Nummer, die an der Kirchentür angeschlagen ist, anruft, kommt sogleich jemand und sperrt auf. Dann kann man den Flügelaltar des letzten Abendmahls des Bildhauers Michael Parth aus dem Jahre 1551 bewundern. Die Besonderheit daran: man zählt darauf nur 11 Jünger!
Pesariis
Wie oben bei den Museen schon erwähnt, wird Pesariis das Uhrendorf genannt. Die Uhren der Fratelli Solari haben von hier aus ihren Siegeszug um die Welt angetreten. Doch nicht nur im Museum zeigt man, was Pesariis ausmacht, sondern im ganzen Dorf.
14 große Uhren in verschiedenen Ausführungen sind in den Straßen zu sehen – von Sonnenuhr bis Wasseruhr, von analog bis digital. Die Wasseruhr ist im Winter natürlich nicht aktiv, aber alle anderen kann man auch bei einem Winterspaziergang im Dorf bewundern.
Ebenfalls in Pesariis angesiedelt ist die Casa Bruseschi. Hier kann man ein typisches karnisches Bürgerhaus des 17. Und 18. Jahrhunderts bestaunen. Die Bruseschis waren angesehene Bürger des Dorfes und zumal in höheren Positionen, zum Beispiel als Advokaten, tätig.
Am alten Haus des Uhrmachers wurde übrigens ein Schild mit den Magnitude angebracht, die an zwei große Erdbeben von 1976 erinnern. Dadurch kamen an die 1000 Menschen zu Tode, viele wurden obdachlos und Gebäude wurden schwer beschädigt. Mithilfe staatlicher Gelder konnte das meiste wieder aufgebaut werden.
Illegio
Illegio ist ein kleines Dörfchen nördlich von Tolmezzo, das motorisiert auch nur über die Stadt zu erreichen ist, kein anderer Weg führt dorthin. Wie kann es also sein, dass es in den letzten 18 Jahren trotzdem fast eine halbe Million Menschen besucht haben?
Nun, Illegio rühmt sich mit einigen Besonderheiten. Zum einen sind da die alten Mühlen. Vier davon sind noch intakt erhalten und klappern munter entlang des Baches Rio Tòuf, der durch den Ort fließt. Ein Spaziergang an ihnen entlang lässt einen sich der Zeit etwas entrückt fühlen. Ebenfalls eine Reise in die Vergangenheit bieten die zahlreichen archäologischen Ausgrabungen rund um Illegio, die etwa Gebäude aus der Antike zum Vorschein brachten.
Auch die Pfarrkirche San Floriano aus dem 9. Jahrhundert, die hoch über dem Dörflein thront und nur zu Fuß erreichbar ist, ist ein beliebtes Ausflugsziel. Angeblich ist sie nur sonntags geöffnet, das sollte man also bedenken, ehe man den Fußweg auf sich nimmt. Am besten erreicht man die Kirche vom Friedhof in Illegio aus, von wo aus ein Weg direkt hoch führt.
Doch der Hauptgrund, warum das 340-Seelen-Dorf Illegio so viele Besucherinnen und Besucher anzieht ist, dass es seit 2004 ein beachtliches Kunstmuseum mit ständig wechselnden Ausstellungen hat. Der Kurator Don Alessio kümmert sich mit seinem mehrköpfigen Team jedes Jahr darum, eine sensationelle Ausstellung zu einem gewissen Thema stattfinden zu lassen. Viele dieser Ausstellungen wurden im Anschluss an ihr Dasein in Illegio dann auch im Louvre oder der National Gallery in London gezeigt. Leider finden die Ausstellungen immer nur von Mai bis Oktober statt, daher ist das Kunsthaus Casa delle Esposizioni im Winter geschlossen.
Weitere Ideen für die Carnia im Winter
Wie schon oben kurz angeführt, ist die Carnia ein tolles Wintersportziel. Nicht so überlaufen wie die großen Skigebiete in den Dolomiten und dennoch hochalpin mit traumhaften Panoramen. Ein perfekter Ort fürs Skifahren etwa ist Sauris, aber auch das Gebiet am Monte Zoncolan kann mit etlichen Pistenkilometern aufwarten.
In Sauris gibt es für abenteuerlustige noch eine andere Möglichkeit für den Schneespaß: Jetski fahren. Direkt gegenüber vom Zahre Beer sieht man auf die Piste, auf der sich die Leute auf den schnellen Gefährten rennen liefern. Es hat schon sehr lustig ausgesehen 😊 .
Das Essen in der Carnia
Ein Punkt, den ich nicht unerwähnt lassen möchte, ist das Essen in der Carnia. Geübte Italienurlauberinnen und -urlauber wissen natürlich, wie vielfältig die italienische Küche ist und dass sie keinesfalls bloß Pizza und Pasta bietet. In der Carnia wurde aber selbst ich nochmal überrascht!
Die karnische Küche ist sehr bäuerlich und bodenständig. Viel Wurst und Käse, Kraut und Bohnen. Polenta und Kartoffeln bilden die wichtigsten Grundlagen. Hier ist also nichts mit magerer mediterraner Küche, hier geht es ans Eingemachte 😀 . Und das kann sich aber schmecken lassen! Eines meiner Lieblingsgerichte dieser Tage war Frico: zerstampfte Kartoffeln vermischt mit Käse in Öl rausgebraten, dazu Polenta und Rotkraut.
Einen umfassenden Einblick in die lokale Küche haben wir beim Silvestermenü im Sot La Napa in Pesariis gekriegt. Wobei ich gestehen muss: 7 Gänge plus ein Gedeck, das einen eigenen Gang verdient, waren dann doch ordentlich viel! Bei so herzhaften Gerichten wären wir mit 4 Gängen immer noch mehr als satt gewesen 😉 .
Übrigens: In der Osteria Re-creativa in Pesariis wird am Wochenende dann doch der Pizzaofen angeworfen. Wir haben sie probiert, sie kann sich für Norditalien tatsächlich schmecken lassen!
Die Carnia: Italien im Winter abseits der Massen
Wir waren total positiv überrascht von der Region Carnia im Friaul. Hier lässt sich Italien im Winter mal ganz anders erleben: mit Schnee, Bauernhäusern, bodenständigem Essen und kleinen Bergdörfern. Hier dominiert eher das Bier als der Wein und die Seen sind allesamt Stauseen. Wintersportfans finden hier kleine Skigebiete, Kulturinteressierte kleine Museen und Kirchen zum Anschauen. Die Spuren der Römer sind allgegenwärtig, aber eben auch jene der deutschsprachigen Auswanderer vor vielen hundert Jahren.
Auch wenn man gut beraten ist, zu Silvester nicht spontan essen zu gehen und rechtzeitig bei der Gondel zu sein, damit man noch einen Parkplatz kriegt: Menschenmassen gibt es hier nicht. Bei Wanderungen trifft man nur vereinzelt andere Leute, in Museen ist man meist allein. Abends herrscht selige Ruhe. Wenn man genau das sucht, ist man in der Carnia richtig. Italien im Winter kann so schön sein!
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PIN IT!
Buongiorno, bin per Zufall auf deine Webseite gestoßen. Sehr, sehr fein zu lesender Beitrag über die Carnia! Mein Standort in FVG ist Grado. Nachdem ich sehr bald (als Psychologin) in Pension gehen werde, freue ich mich sehr über diese Infos und Berichte! Liebe Grüße Ev