Mit Baby ins Museum – ein Angebot in Graz 

Mit Baby ins Museum – ein Angebot in Graz 

Das Universalmuseum Joanneum in Graz hat ein ganz tolles Angebot für Eltern mit Babys ins Leben gerufen: Mit Baby ins Museum. Welches Konzept dahintersteckt und wodurch sich dieses Angebot von ähnlichen in anderen Städten abhebt, verrate ich dir in diesem Artikel – ich habe es nämlich selbst ausprobiert.

Ein Baby kommt zur Welt und zack, ist das Leben der Eltern auf den Kopf gestellt. Auch wenn man all die neuen Sachen, die damit einhergehen, genießt, so sehnt man sich doch vielleicht manchmal nach Aktivitäten abseits des Elternseins – einem Museumsbesuch zum Beispiel. 

Flyer "Mit Baby ins Museum"

Kultur mit Baby?

Wer wie ich gern und viel mit Baby unterwegs ist, weiß natürlich, dass man eh immer mit Baby ins Museum gehen kann. Für gewöhnliche Besuche mag das stimmen – aber wie sieht es mit Führungen aus? Und wenn du jetzt sagst: “Das sollte doch auch kein Problem sein”, dann überlege mal, wie viele Eltern mit Babys du denn so bei Museumsführung schon gesehen hast. Also ich nur sehr wenige. 

Die Gründe sind unterschiedlich. Was man aber öfter hört: man mag nicht ungut auffallen, wenn das Baby quengelt oder weint. Viele fühlen sich auch beim Stillen in einer geführten Gruppe unwohl. Und manchmal sind schlicht und einfach Kinderwägen nicht gern gesehen. Außerdem dauern Führungen oft recht lang und sind daher für die ganz Kleinen oft ungeeignet, da sie sich nur schwer in den Babyalltag integrieren lassen.

Umso wichtiger also die Angebote, die Eltern mit Babys in Museen einladen. Mittlerweile gibt es das schon in einigen europäischen Städten, wie etwa Wien, Hamburg, Bonn oder München. Und seit Herbst 2023 auch in Graz! 

The Wall im Kunsthaus, im Hintergrund die Kinderwägen und Eltern mit Babys
Kunst mit Baby geführt entdecken – nun auch in Graz möglich

Universalmuseum Joanneum lädt mit Baby ins Museum

Es ist – wie könnte es anders sein – einer Frau zu verdanken, dass es nun auch in Graz und Umgebung ein “Mit Baby ins Museum” Angebot gibt. Anna Posch ist selbst Mutter und mittlerweile Oma und kennt als Touristikerin dieses Konzept aus anderen Städten. Ihr war es ein Anliegen, sowas auch nach Graz zu holen. 

“Soviel ich weiß sind wir aber die einzigen, die auch den Socializing-Aspekt mitbedacht haben”, sagt die fröhliche Frau zu mir. Gemeint ist damit, dass im Eintrittspreise von 9€ nicht nur die Führung inbegriffen ist, sondern auch ein Getränk in einem Lokal nahe des jeweiligen Museums. So sitzen im Anschluss an die Führungen die Mamas und Papas noch zusammen und plaudern. 

Wie funktioniert “Mit Baby ins Museum”? 

Jeden Monat gibt es eine “Mit Baby ins Museum”-Führung, immer in einem anderen Museum. Mal geht’s ins Naturkundemuseum, mal ins Museum für Geschichte, im Sommer finden die Führungen auch draußen statt, zum Beispiel im Schlosspark Eggenberg oder im Skulpturenpark am Schwarzlsee. Ich habe mir dieses Konzept bei einer Führung im Kunsthaus angesehen, dem Museum für Moderne Kunst in Graz. 

Kunsthaus Graz aus der Babyperspektive
Die Museen mal aus einer ganz neuen Perspektive entdecken

Doch wie erfahren Eltern davon? „Ich habe viele Flyer drucken lassen und überall verteilt: in den Elternberatungszentren der Stadt Graz, bei GIP (Anm.: Kinderbetreuungsanbieter), in der Touristeninformation, in Hotels, ja selbst in Ordinationen“, erklärt Anna Posch. Danach gefragt, wo sie davon erfahren hätten, nennen viele Eltern aber die Homepage des Joanneum als Quelle. Ein nicht zu unterschätzender Faktor in der Bekanntmachung sei laut Frau Posch aber auch die persönliche Empfehlung von anderen Eltern.

Wie ich davon erfahren habe? Über die Facebookgruppe „Grazer Mamas“ 🙂

Rahmenbedingungen

Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, ist eine Anmeldung unbedingt erforderlich. Das Programm ist beliebt und wird gern angenommen. Wenn sehr reger Andrang herrscht, wird je nach Haus die Führung auch schon mal zweigeteilt. Anmelden kann man sich unter anna.posch@museum-joanneum.at.

Eine definitive Altersgrenze für die Kinder gibt es nicht, allerdings ist es eher für wirklich kleine Kinder bis 18 Monate gedacht. Denn: Die Führung ist ja für die Eltern gedacht, und wenn die Kleinen dann immer mobiler und interessierter werden, wird es etwas schwierig mit dieser Modalität.

Baby mit Zettel zu dem Kunstwerk im Museum
Auch die Wikingerin fand die Infos zum Kunstwerk spannend – wenn auch anders als die Mama 🙂

Was sagen die Eltern?

Dass “Mit Baby ins Museum” gut ankommt, zeigen die Stimmen der Mamas, mit denen ich gesprochen habe. Eine Person war sogar jedesmal dabei. Was genau ist es, das Eltern daran so begeistert? 

Ein ganz elementarer Punkt ist die Tatsache, dass sich niemand daran stört, wenn die Kinder quengeln oder weinen. Jede Mama und jeder Papa kennt den innerlichen Stress, wenn das Kind in der Öffentlichkeit plötzlich unrund wird. Selbst mir, und ich bin eine echt tiefenentspannte Person, ist das etwas unangenehm. Wie gut also, wenn man weiß, dass alle im selben Boot sitzen und Verständnis zeigen. 

Mütter und Väter mit Kinderwagen und Trage im Museum
Ein Vorteil einer solchen Führung: Man ist unter seinesgleichen

Eine Mama meinte: “Endlich mal eine Veranstaltung tagsüber!” Und das ist ein ganz relevanter Punkt, denn kulturelle Events sind vorrangig am späteren Nachmittag oder Abend – und schließen somit vor allem Mütter eine zeitlang aus. Die “Mit Baby ins Museum”-Führungen sind also quasi Inklusion für Eltern in die Kulturszene 🙂 . 

Daher fand ich es wirklich toll, dass unser Guide Katrin zu Beginn der Führung durchs Kunsthaus meinte: „Das ist unsere Stunde!”. So viel exklusive Wertschätzung für Jungmamas und -papas gibt es selten in unserer Gesellschaft. Ihr war vielleicht gar nicht bewusst, wie wohltuend der Satz klingt, aber ja, er hat ganz viel transportiert, was draußen oft fehlt. 

Guide erklärt etwas, davor sitzt ein Kind
Guide Katrin stören die Babys nicht, ganz im Gegenteil

Gefragt, welche Rückmeldungen sie denn so von den Eltern kriegt, meint Anna Posch: „Ganz viel positives Feedback“. Es wird ihr zugetragen, wie nett das ganze sei, wie toll sich hier Kontakte knüpfen ließen und welch schönen Vormittag man damit verbringen könne. Es hört sich wirklich nach einem erfolgreichen Konzept an.

Interaktionen

Und während uns also Sol LeWitt’s Wall. Performed näher gebracht und auch das bezugnehmende Werk der Künstlerin Renate Krammer vorgestellt wurde, hörte man Brabbeln, lachen und weinen. Schaukelnde, wippende Mamas und ein Papa ließen sich auf moderne Kunst ein, während die Babys in den Tragen und Kinderwägen schauten oder schliefen. Die Krabbelkinder erkundeten den Raum auf ihre Weise. Als zum Abschluss das Maulbeerpapier vorgestellt wird, durften nicht nur die Eltern, sondern auch die Babys einmal über die Proben (nicht die Ausstellungsstücke!) drüber fühlen. 

Bei der anschließenden Einkehr im Kunsthaus Café – aber teilweise auch schon während der Führung – kommen die Mamas, Papas und Omas dann ins Plaudern. Man spricht natürlich über die eigenen Kinder und ihre Fähigkeiten (oder auch Nicht-Fähigkeiten), über Herausforderungen im Babyalltag und auch über mein Lieblingsthema – das Reisen. 

Getränk im Kunsthauscafé
Bei einer Führung im Kunsthaus bietet sich natürlich das Kunsthauscafé fürs Zusammensitzen an

Die Auswahl der Cafés, in denen das Socializen schließlich stattfindet, ist übrigens auch eine Geschichte für sich. Frau Posch meint dazu: “ Ich bin dazu immer auf der Suche nach einem Lokal, wo man willkommen ist mit Baby.“ Das sei nämlich nicht überall so, oft wird es auch wegen des Platzes, die die Kinderwägen brauchen, knapp. Außerdem, so sagt sie, sei es immer spannend zu beobachten, wie das Personal vor Ort dann auf die vielen Eltern mit Baby reagiert. Da mich dieses Thema auch ziemlich beschäftigt, arbeite ich gerade an einem Artikel zum Thema „Babyfreundliche Cafés in Graz“.

Ein Um- und Ausblick

Ein Aspekt, der mich in der ganzen „Mit Baby ins Museum“-Sache auch sehr interessiert, ist: Wie reagieren andere Museumsbesucher darauf? Als ich im Kunsthaus mit dabei war, waren kaum andere Besucherinnen und Besucher unterwegs, daher kann ich dazu gar nichts sagen. Ich habe daher Anna Posch nach ihren Eindrücken gefragt und sie hat mir mein Erfahrung bestätigt. „Wenn wir eine Führung haben, sind wir meistens alleine. Donnerstag um 10 Uhr sind höchstens andere Gruppen wie zum Beispiel Schulklassen unterwegs, und das wird dann so getimed, dass man nicht zusammenstreift.“. 

Eltern bei der Führung "Mit Baby ins Museum" im Kunsthaus
Eine große Gruppe – ungestört und voller Interesse

Es wirkt also, als würde „Mit Baby ins Museum“ bei den Eltern, Babys und Museen gut ankommen. Deshalb meine letzte Frage an die Organisatorin Anna Posch: Wird das Projekt fortgeführt? Die Antwort hat mich sehr erfreut: „Solange Interesse besteht wird es das geben!“. Es sei nämlich ein äußerst wichtiger Beitrag zur Inklusion, nämlich zur Inklusion von Eltern kleiner Kinder, um ihnen Zugang zu Kultur zu erhalten und intellektuelle Beschäftigung zu ermöglichen. 

Fazit zu „Mit Baby ins Museum“

Ich denke, man hat die Begeisterung herausgelesen. Sowohl ich als auch die anderen Mütter, mit denen ich mich unterhalten habe, finden dieses Angebot ganz großartig. Das Universalmuseum Joanneum hat hier dem kulturellen Leben in Graz einen großen Dienst erwiesen und braucht den internationalen Vergleich  nicht scheuen. Außerdem: Fühlt man sich in den Museen mit Baby willkommen, wird man später auch gerne die angebotenen Kinderführungen (ab 3 Jahren) buchen. Bis dahin schieben wir Mamas und Papas einmal im Monat den Kinderwagen durch die Museumsräumlichkeiten und sind froh, mal was anderes zu erleben als Spaziergänge und Arzttermine.

Ich mit Baby am Arm im Kunsthaus
Mir und der Wikingerin hat es jedenfalls sehr gut gefallen
Mit Baby ins Museum in Wien

Ich habe übrigens gleich in der Woche nach der Führung in Graz eine Babyführung in Wien im Weltmuseum mitgemacht. Auch diese war ganz toll organisiert. In einer Hinsicht gewinnt aber Graz den Vergleich: beim Preis! Während ich in Wien 16€ Eintritt plus 6€ für die Führung bezahlt hab, waren es in Graz nur 9€ – inklusive Getränk. Das geht deshalb, weil nur die Führung selbst bezahlt werden muss, auf den Eintritt verzichtet das Universalmuseum Joanneum. Da darf man sich als frischgebackener Elternteil auch mal wertgeschätzt fühlen, muss ich sagen.

Meinen Artikel zu „Mit Baby in Wien“ gibt’s hier in Kürze zu lesen


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4 thoughts on “Mit Baby ins Museum – ein Angebot in Graz ”

  • Was für eine simple und doch geniale Idee! Warum ist da bloß nicht schon früher jemand drauf gekommen? Das hätte ich mir damals mit meinen Kindern auch gewünscht. So freu ich mich für die heutigen Eltern, dass sie Baby, Kultur und Socializing prima miteinander verbinden können.
    Viele Grüße
    Annette

  • Hi Barbara,

    solche Artikel lese ich ja immer sehr gerne. Ich habe zwar selbst kein Baby, freue mich aber immer über inklusive Konzepte wie das beschriebene. Ich werde den Tipp bestimmt mal einigen befreundeten Elternteilen zukommen lassen. Übrigens finde ich Graz sowieso schon sehr sympathisch und lässig. Coole Leute wie Anna Posch tragen auf jeden Fall dazu bei.

    Liebe Grüße
    Dennis

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